Trigger-Warnung: Blogpost enthält Zitate mit sexistischen und ableistischen Inhalten.
Man kommt manchmal auf den Gedanken, an Rezensionblogs müsse irgendetwas mordsgefährliches dran sein. Warum sonst wird
regelmäßig zur Attacke auf uns geblasen? Aber die Frage ist falsch gestellt. Die geradezu übergeschnappte Empörung, die ein gewisser John Asht gegenwärtig zur Schau stellt, lässt sich nicht durch ein paar (übrigens eher sachliche und ausgeglichene) Bemerkungen
in einem Blog erklären. Sie braucht keinen sachlichen Grund, sondern höchstens einen Anlass, um sich bis zum Wahn zu steigern.
Und Wahn ist es. Den Frontverlauf dieser Offensive eines Paranoiden und seines »Verlags« muss ich nicht eigens noch einmal nachvollziehen.
Hier wird er bereits in übersichtlicher Weise geschildert, und
hier findet sich eine nützliche Linkliste. Ein Ende ist indes nicht in Sicht. John Asht, der zunächst noch vermeldete, seine Bücher verkauften sich durch die künstlich generierte Aufmerksamkeit hervorragend, schrieb heute in
dieser Facebook-Gruppe, die »
Organisierte Literatur-Kriminalität im Internet« sei nunmehr bewiesen: Google Alert habe »
binnen
nur 2 Tagen ganze 742 neue, gehässige Rezensionen« seines Romans
Twin-Pryx – Zwillingsbrut ausgespuckt, obwohl in dieser Zeit kein einziges Exemplar des Buches verkauft worden sei. Da ein kurzer Blick in eine der
verfügbaren Leseproben ausreicht, um die literarische Größe des Autors auf Zwergenformat zurechtschrumpfen zu lassen, wird die zweite Hälfte der Aussage der Realität wohl näher kommen.
Ob nun tatsächlich in kürzester Zeit hunderte von ablehnenden Rezensionen zustande gekommen sind, sei dahingestellt, sagen kann ich aber so viel: An ehrlich gemeinten
positiven Rezensionen habe ich genau zwei gefunden, nämlich
diese hier. John Asht
wünscht der Rezensentin denn auch gleich ein »wohlgesonnenes Schicksal«, womit er eine gelungene Reinkarnation meint. Beide Reviews wurden von einer Bloggerin verfasst, die neben ihrem Rezensionsblog unter dem Titel PresseEcho auch ein »politisches Blog« betreibt.* Dort findet sich – neben reichlich Verehrung für die
Junge Freiheit und Thilo Sarrazin – ein Post mit dem Titel »Oslo Calling ...«, in dem die Autorin den im vergangenen Sommer verübten faschistischen Massenmord nicht nur als »Mahnmal« würdigt, sondern auch ihre Meinung kundtut, »die Gedanken des Täters« verkörperten »eigentlich nur das, was viele in Europa mittlerweile denken und befürchten«. Nämlich folgendes: »Sind nun alle auf einmal Rechtspopulisten, nur weil die Mehrheit der
Deutschen den Traum vom integrierten Multikulti der Oberen nicht
mitträumen wollen [sic!]? Weil sie skeptisch sind und sein müssen?« Da steckt etwas drin, was in gewisser Hinsicht wahr ist: Für die Ideologie, die der rechtspopulistische Mörder von Oslo und Utøya vertritt, finden sich Mehrheiten. Und wenn einer die Ideologie in die Tat umsetzt, mag er zwar, wie die Bloggerin meint, »komplett irre« sein (man lehnt sich ja ungern zu weit aus dem Fenster), sie fügt aber sogleich hinzu: Wer will es »dem Normalbürger« verübeln, wenn er sich »vor der überhand nehmenden Auflösung seiner eigenen Kultur durch Ausländer« fürchtet?
Das offenbart nun etwas, was in der bisherigen Debatte weitgehend unbeachtet blieb – mit wenigen Ausnahmen, denn einen
Hinweis gab bereits Gerd Rottenecker im Bibliotheka-Phantastika-Forum, und Manfred Müller
wies darauf hin, dass nicht nur die einsam begeisterte Leserin, sondern auch John Asht selbst »sich am reaktionären Rand tummelt«. In seinem Blog** lässt sich Asht (»Es ist ernst, Leute«) über das
Aussterben der deutschen Nation aus. Grund: Die Frauenquote, ein »familienfeindliche[s] Konstrukt«, wird hierzulande zur »doktrinisierte[n] Staatsreligion« erhoben, weil im ehemaligen Ostblock »Mannsweiber, die überhaupt keine Kinder haben wollten und von grundauf alles hassten was männlich war« gezüchtet wurden und in der Folge die Nation »den Bach runter« ging. Die
Gesellschaft degeneriert, weil sie »nur noch von Geisteskranken« bevormundet wird und weil »die gesund und natürlich Denkenden, nach und nach benachteiligt, diskriminiert und letztendlich ausgegrenzt werden«; »die eigentlichen Behinderten tyrannisieren die Gesunden« und »rangeln sich hinterfotzig an die Macht«, woraufhin die »Anständigen und Gesunden« nur noch »zum Produzieren und Kinderkriegen gezüchtet« werden.
Von Ashts literarischen Ergüssen lassen sich diese Ausfälle nur schwer trennen. Greift man sich seinen Roman
Maag Mell, die Friedlichen Gefilde als Beispiel heraus, erfährt man
per Verlagsinfo folgendes: Das geschlagene 1.344 Seiten umfassende Werk spielt im »Schicksalsjahr Mitteleuropas« im Kelten-und-Germanen-Land Maag Mell, wo ein »gesundes, friedvolles Volk« gedeiht, dessen »
Überlegenheit in der Erkenntnis der Einfachheit aller Dinge« besteht – soll wohl heißen, dass es in Maag Mell keine Frauenquote gab? Asht schrieb dieses fragwürde Konvolut nach Verlagsangaben »
als Ergebnis seiner jahrelangen Forschungen und
Studien im Bereich der Völkerkunde, Religionsgeschichte sowie der
Astrologie und der Grenzwissenschaften der Parapsychologie«. Alles klar. Der Typ glaubt nicht nur an den Mist, den er in seinem Blog verzapft, sondern auch an seine Fiktionen. Und weil er daran glaubt, befindet er sich auf einer Mission, was wiederum alles weitere erklärt. Zum Beispiel, warum bei John Asht sämtliche Sicherungen durchknallen, wenn jemand öffentlich ausspricht, dass seine Schreibversuche Schund sind. Und warum andererseits ein politisierender Breivik-Fan zur begeisterten Leserin dieses Autors wird: Gleich und gleich gesellt sich eben gern.
Bleibt nur die Frage, wie man sich freiwillig eine solche aus Esoterik, Sexismus, Minderwertigkeitskomplexen und Kulturrassismus zusammengestoppelte Weltanschauung aneignen kann? Auch hier hilft uns der Autor selbst
auf die Spur: Es sei mittlerweile bewiesen, »dass das eigentliche Denk- und Empfindungsorgan des Menschen eigentlich der Dünndarm ist«. Biologisch gesehen mag das eine fragwürdige Aussage sein, als Metapher für John Ashts intellektuelle Verfasstheit taugt sie jedoch, wie ich finde, hervorragend.
* Zu finden unter der URL chronologisch.wordpress.com, dort auch die hier wiedergegebenen Zitate (eine direkte Verlinkung spare ich mir an dieser Stelle). Ein Impressum mit Klarnamen ist übrigens in keinem der beiden Blogs dieser Person angegeben. Abgerufen am 23. Januar 2012.
** Diktion und Zeichensetzung entsprechen in den folgenden Zitaten stets dem Original. Abgerufen am 23. Januar 2012.