Deutscher Titel: Die Schlacht der Warlords · Regie: Yang Shupeng · Drehbuch: Yang Shupeng · Musik: Hu Doudou · Kamera: Shu Chou · Schnitt: Lei Fang.
Der deutsche Filmtitel Die Schlacht der Warlords ist wirklich selten daneben.* Weder tauchen in diesem Film irgendwelche Warlords auf, noch werden epische Schlachten geschlagen. Es handelt sich im Gegenteil um einen durch und durch antiheroischen Film.
Die beiden Räuber Xue Shisan (Hu Jun) und Chen Liu (Jiang Wu) treffen in einem Dorf mit dem sprechenden Namen Bitterer Bambus ein. Als sie sich gerade daran machen, den Dorfbewohner Ma Qi (Sa Li) um seine Habseligkeiten zu erleichtern, taucht ein Trupp Soldaten auf. Als einer von ihnen versucht, Ma Qis Tochter Luo Niang (Wang Xiao) zu vergewaltigen, greifen die Räuber ein. Sie töten zwei der Soldaten und vertreiben die übrigen.
Allerdings haben sie nicht mit dem Dorfvorsteher (Lee Li-chun) gerechnet. Der ist ein unverbesserlicher Paragraphenreiter und Gernegroß, der behauptet, von einem Helden aus der Geschichte der Drei Reiche abzustammen. Er beharrt darauf, dass Shisan und Liu »nach den Tang-Gesetzen«** als Mörder der beiden Soldaten der Obrigkeit übergeben werden müssen und lässt sie von den Männern des Dorfes festsetzen. Kurz vor einem weiteren Angriff marodierender Soldaten können die beiden sich befreien, um das Dorf erneut zu verteidigen.
Liu möchte im Dorf bleiben, da er sich in Luo Niang verliebt hat. Damit ist Shisan wiederum gar nicht zufrieden, obwohl auch er ein Techtelmechtel hat, mit Ying Ge (Yu Xiao-lei), der schweigsamen Metzgerin des Dorfes. Aber sämtliche Unstimmigkeiten zwischen den beiden finden ein jähes Ende, als der Dorfvorsteher (der es immer noch nicht kapiert hat) heimlich das Dorf verlässt und eine größere Einheit Soldaten herbeiführt. Die kümmern sich nicht weiter um den Unterschied zwischen Dorfbevölkerung und Räubern, sondern beginnen unverzüglich, Häuser in Brand zu stecken und Menschen zu massakrieren.
Regisseur Yang Shupeng (der interessanterweise Feuerwehrmann war, bevor er sich der Filmkunst zuwandte) legt hier eine Art Anti-Wuxia-Film vor. Wäre es in einer klassischen Wuxia-Geschichte unabdinglich für die Ehre der Helden, das Dorf vor Unrecht zu schützen, werden Shisan und Liu eher versehentlich zu Verteidigern der Entrechteten, (und wissen im Grunde selbst nicht genau, was sie wollen). Anders als die Soldaten werden sie zwar nicht als grausam und gewaltgeil dargestellt, aber die meiste Zeit handeln sie doch ziemlich amoralisch.
Die Männer des Dorfes lassen sich willenlos von ihrem Vorsteher manipulieren. Mit Verstand sind einzig die Frauen ausgestattet – wobei ich sagen muss, dass ich die Darstellung von Gewalt gegen Frauen, mit der der Film aufwartet, ziemlich abstoßend und überflüssig finde.
Ästhetisch ist Regisseur Yang deutlich von einigen Klassikern des japanischen Samurai-Kinos beeinflusst (die Ähnlichkeit zu den Sieben Samurai liegt auf der Hand). Das zeigt sich auch an den Kampfszenen, die alles andere als elegant, sondern blutig und dreckig sind.
Ich bin zwiegespalten. Einerseits ein (von gewissen Redundanzen in der Handlung abgesehen) sehenswerter Film, dessen antiheroische Perspektive auf das Genre man nicht einfach ignorieren kann. Andererseits ist mir die Botschaft doch zu plakativ, mit zu wenig Selbstreflexion rübergebracht.
Auf Dauer ist dieser stets-nur-grimmige Blick auf die Welt und die Menschen (ganz wenige Szenen strahlen ein wenig Hoffnung aus) einfach nicht so meins. Falls Yang Shupeng hier etwas mit dem, was Akira Kurosawa mit Yojimbo und Die sieben Samurai geschaffen hat, vergleichbares im Sinn hatte, ist es ihm jedenfalls nicht gelungen. Aber das wäre wahrscheinlich ohnehin ein zu hoher Anspruch.
* Ich vermute, der Titel wurde in Anlehnung an Peter Chans Kriegsfilm The Warlords von 2007 gewählt.
** Der Film spielt in der Tang-Dynastie, die als Blütezeit der chinesischen Geschichte gilt. Der Film stellt sie bewusst als korrupt und niederträchtig dar.
Samstag, 22. Februar 2020
Sonntag, 16. Februar 2020
League of Gods (2016)
Regie: Koan Hui · Drehbuch: Cherryyoko, Samson Sun · Musik: John Debney · Kamera: Arthur Wong.
Es ist das 11. Jahrhundert vor Christus. König Zhou von Shang (Tony Leung Ka-fai) bedroht ganz China mit Krieg. Er selbst ist von einem schwarzen Drachen besessen, während seine Lieblingskonkubine Daji (Fan Bingbing) eine unsterbliche Fuchsdämonin ist. Des Königs kriegerische Unternehmungen werden angeführt von General Shen Gong Bao (Louis Koo), der auf einem riesigen Panther reitet.
Ji Chang (Zu Feng), der Herzog von Zhou,* und sein Sohn Ji Fa (Andy On) stellen sich dem König, seiner Konkubine und seinem General entgegen. Ji Changs Ratgeber Jiang Ziya (Jet Li) schickt den jungen Leizhenzi (Jacky Heung) auf eine Queste. Er soll das Schwert des Lichts finden. Dieses Schwert vermag den Drachen, der von König Zhou Besitz ergriffen hat, zu besiegen, wenn es von einem Helden namens Goldener Drache geschwungen wird. Allerdings muss sich mit Hilfe des Schwertes erst noch herausstellen, wer Goldener Drache ist ...
Leizhenzi macht sich auf den Weg. Begleitet wird er von den beiden Göttern Nezha (Wen Zhang) und Erlang Shen (Huang Xiaoming). Leizhenzi selber ist ein Unsterblicher, letzter Überlebender eines geflügelten Himmelsvolks. Leizhenzis Leute waren einst von Shen Gong Bao, dem Kriegsherrn, angegriffen worden. Leizhenzi, noch ein Kind, konnte als einziger fliehen, musste aber mit ansehen, wie Shen Gong Bao seinem Vater die Flügel ausriss. Seitdem kann auch Leizhenzi nicht mehr fliegen. Aufgewachsen ist er am Hof Ji Changs, wo Prinz Ji Fa sein brüderlicher Freund wurde.
Um den Erfolg von Leizhenzis Queste zu verhindern, konstruiert Shen Gong Bao aus Holz ein lebensecht aussehendes künstliches Mädchen, Lan Die (Angelababy). Leizhenzi verliebt sich in Lan Die, die sich der Heldengruppe anschließt. Sie weiß nicht, dass Shen Gong Bao aus der Ferne Zugang zu ihren Gedächtnisinhalten hat.
League of Gods basiert auf dem Shenmo-Roman Die Investitur der Götter von Xu Zhonglin. Dieses Werk aus der Ming-Dynastie stand immer etwas im Schatten der Reise in den Westen, bietet aber tatsächlich einiges an Stoff für einen epischen Film, in dem Götter und Sterbliche sich die Bühne teilen. League of Gods ist denn auch eine bemerkenswert aufwändige Produktion, die mich allerdings zu keinem Augenblick wirklich packen konnte.
Hier und da wird deutlich, dass Kreativität in diesen Film geflossen ist. Die Kostüme von König Zhou und seiner dämonischen Gefährtin Daji zum Beispiel sind faszinierend anzuschauen. Leider überwiegt aber der Eindruck, dass Regisseur Hui und sein Team versucht haben, einen Hollywood-Blockbuster nachzuahmen.** Überdeutliches Vorbild von League of Gods ist das Marvel Cinematic Universe – bis hin zur Mid-Credits-Szene. Die Darstellung von Leizhenzi, Nezha und Erlang Shen etwa erinnert an ein typisches Superheld:innen-Team. Louis Koo als Kriegsherr, der lebende Maschinen bastelt und gegen die Helden losschickt, hat wiederum etwas von einem Superschurken.
Shen Gong Bao ist übrigens der eigentliche Antagonist des Films. Big Tony Leung als König Zhou steht eher im Hintergrund und hat wenig zu tun. Es mag sein, dass der König von Shang für das, was der Film anstrebt, eine zu ›chinesische‹ Figur ist. König Zhou ist im kulturellen Gedächtnis Chinas nämlich zum Archetyp des dekadenten, zu Grausamkeiten und protzigen Ausschweifungen neigenden Herrschers geworden. Ihm wird die Konstruktion eines »Weinsees und Fleischwaldes« zugeschrieben: Der König habe einen künstlichen See anlegen lassen, der mit Wein gefüllt wurde. Im See habe sich eine Insel mit künstlichen Bäumen befunden, an deren Zweigen Bratenstücke steckten. So konnte man mit Booten in dem See herumfahren und sich zugleich vollfressen und volllaufen lassen. Davon ist im Film leider nichts zu sehen.
Was die übrige Besetzung betrifft, können nur Fan Bingbing und Angelababy wirklich überzeugen. Jet Li, der hier den knotterigen alten Weisen mit Rauschebart gibt, ist noch ganz amüsant gegen den Strich gecastet. Sonst haben die Darstellungen mich eher kalt gelassen. Hauptdarsteller Jacky Heung hat eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit dem jungen Jet Li, aber leider ohne dessen Charisma.
Auch beim Creature Design bricht der Film gelegentlich aus dem Blockbuster-Korsett aus, etwa bei der Darstellung von Dajis Fuchsschwänzen, die am Ende eine gezähnte Öffnung haben, die an eine Vagina dentata erinnert. Das bleibt aber eher die Ausnahme. Die meiste Zeit wirkt League of Gods eher glattgebügelt und fad, als wolle man vermeiden, allzu irritierenden Genre-Elementen Raum zu geben.
Ich frage mich, was der Zweck eines solchen Films sein soll? Ein einheimisches Konkurrenzprodukt zum MCU erschaffen? Wie soll das funktionieren, wenn das Publikum außerhalb der Sinosphäre mit dem mythologischen Stoff überhaupt nicht vertraut ist? Seinem Ausgangsmaterial wird League of Gods so jedenfalls nicht gerecht.
* Es ist etwas verwirrend, dass sowohl der König von Shang als auch Ji Changs Herzogtum den Namen Zhou tragen. Das entspricht aber den historischen Gegebenheiten.
** Der Vorwurf, dieser oder jene chinesische Film passe sich zu sehr westlichen Sehgewohnheiten an, wird natürlich ständig erhoben. Hier finde ich ihn allerdings zutreffend.
Es ist das 11. Jahrhundert vor Christus. König Zhou von Shang (Tony Leung Ka-fai) bedroht ganz China mit Krieg. Er selbst ist von einem schwarzen Drachen besessen, während seine Lieblingskonkubine Daji (Fan Bingbing) eine unsterbliche Fuchsdämonin ist. Des Königs kriegerische Unternehmungen werden angeführt von General Shen Gong Bao (Louis Koo), der auf einem riesigen Panther reitet.
Ji Chang (Zu Feng), der Herzog von Zhou,* und sein Sohn Ji Fa (Andy On) stellen sich dem König, seiner Konkubine und seinem General entgegen. Ji Changs Ratgeber Jiang Ziya (Jet Li) schickt den jungen Leizhenzi (Jacky Heung) auf eine Queste. Er soll das Schwert des Lichts finden. Dieses Schwert vermag den Drachen, der von König Zhou Besitz ergriffen hat, zu besiegen, wenn es von einem Helden namens Goldener Drache geschwungen wird. Allerdings muss sich mit Hilfe des Schwertes erst noch herausstellen, wer Goldener Drache ist ...
Leizhenzi macht sich auf den Weg. Begleitet wird er von den beiden Göttern Nezha (Wen Zhang) und Erlang Shen (Huang Xiaoming). Leizhenzi selber ist ein Unsterblicher, letzter Überlebender eines geflügelten Himmelsvolks. Leizhenzis Leute waren einst von Shen Gong Bao, dem Kriegsherrn, angegriffen worden. Leizhenzi, noch ein Kind, konnte als einziger fliehen, musste aber mit ansehen, wie Shen Gong Bao seinem Vater die Flügel ausriss. Seitdem kann auch Leizhenzi nicht mehr fliegen. Aufgewachsen ist er am Hof Ji Changs, wo Prinz Ji Fa sein brüderlicher Freund wurde.
Um den Erfolg von Leizhenzis Queste zu verhindern, konstruiert Shen Gong Bao aus Holz ein lebensecht aussehendes künstliches Mädchen, Lan Die (Angelababy). Leizhenzi verliebt sich in Lan Die, die sich der Heldengruppe anschließt. Sie weiß nicht, dass Shen Gong Bao aus der Ferne Zugang zu ihren Gedächtnisinhalten hat.
League of Gods basiert auf dem Shenmo-Roman Die Investitur der Götter von Xu Zhonglin. Dieses Werk aus der Ming-Dynastie stand immer etwas im Schatten der Reise in den Westen, bietet aber tatsächlich einiges an Stoff für einen epischen Film, in dem Götter und Sterbliche sich die Bühne teilen. League of Gods ist denn auch eine bemerkenswert aufwändige Produktion, die mich allerdings zu keinem Augenblick wirklich packen konnte.
Hier und da wird deutlich, dass Kreativität in diesen Film geflossen ist. Die Kostüme von König Zhou und seiner dämonischen Gefährtin Daji zum Beispiel sind faszinierend anzuschauen. Leider überwiegt aber der Eindruck, dass Regisseur Hui und sein Team versucht haben, einen Hollywood-Blockbuster nachzuahmen.** Überdeutliches Vorbild von League of Gods ist das Marvel Cinematic Universe – bis hin zur Mid-Credits-Szene. Die Darstellung von Leizhenzi, Nezha und Erlang Shen etwa erinnert an ein typisches Superheld:innen-Team. Louis Koo als Kriegsherr, der lebende Maschinen bastelt und gegen die Helden losschickt, hat wiederum etwas von einem Superschurken.
Shen Gong Bao ist übrigens der eigentliche Antagonist des Films. Big Tony Leung als König Zhou steht eher im Hintergrund und hat wenig zu tun. Es mag sein, dass der König von Shang für das, was der Film anstrebt, eine zu ›chinesische‹ Figur ist. König Zhou ist im kulturellen Gedächtnis Chinas nämlich zum Archetyp des dekadenten, zu Grausamkeiten und protzigen Ausschweifungen neigenden Herrschers geworden. Ihm wird die Konstruktion eines »Weinsees und Fleischwaldes« zugeschrieben: Der König habe einen künstlichen See anlegen lassen, der mit Wein gefüllt wurde. Im See habe sich eine Insel mit künstlichen Bäumen befunden, an deren Zweigen Bratenstücke steckten. So konnte man mit Booten in dem See herumfahren und sich zugleich vollfressen und volllaufen lassen. Davon ist im Film leider nichts zu sehen.
Was die übrige Besetzung betrifft, können nur Fan Bingbing und Angelababy wirklich überzeugen. Jet Li, der hier den knotterigen alten Weisen mit Rauschebart gibt, ist noch ganz amüsant gegen den Strich gecastet. Sonst haben die Darstellungen mich eher kalt gelassen. Hauptdarsteller Jacky Heung hat eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit dem jungen Jet Li, aber leider ohne dessen Charisma.
Auch beim Creature Design bricht der Film gelegentlich aus dem Blockbuster-Korsett aus, etwa bei der Darstellung von Dajis Fuchsschwänzen, die am Ende eine gezähnte Öffnung haben, die an eine Vagina dentata erinnert. Das bleibt aber eher die Ausnahme. Die meiste Zeit wirkt League of Gods eher glattgebügelt und fad, als wolle man vermeiden, allzu irritierenden Genre-Elementen Raum zu geben.
Ich frage mich, was der Zweck eines solchen Films sein soll? Ein einheimisches Konkurrenzprodukt zum MCU erschaffen? Wie soll das funktionieren, wenn das Publikum außerhalb der Sinosphäre mit dem mythologischen Stoff überhaupt nicht vertraut ist? Seinem Ausgangsmaterial wird League of Gods so jedenfalls nicht gerecht.
* Es ist etwas verwirrend, dass sowohl der König von Shang als auch Ji Changs Herzogtum den Namen Zhou tragen. Das entspricht aber den historischen Gegebenheiten.
** Der Vorwurf, dieser oder jene chinesische Film passe sich zu sehr westlichen Sehgewohnheiten an, wird natürlich ständig erhoben. Hier finde ich ihn allerdings zutreffend.
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Rezensionen
Samstag, 15. Februar 2020
The Fatal Flying Guillotine (1977)
Deutscher Titel: 4 stahlharte Fäuste ‧ Regie: Raymond Lui ‧ Drehbuch: Raymond Lui, Sheng Yu-hsu ‧ Musik: Frankie Chan.
Der Mandschu-Fürst Hong Hee hat sich zum Kaiser von China ernannt. Nach der verlorenen Schlacht am Tigerfluss erlahmt der Widerstand der Han. Shen Mo Chao (Chen Sing) wurde in der Schlacht schwer verletzt. Er zieht sich in das Tal des Todes zurück, wo er seine Wunden mit Schlangengift behandelt. Fortan lebt er im Tal und kultiviert seinen Hass auf die siegreichen Mandschu und auf überhaupt alle, die ihn in seiner selbstgewählten Einsamkeit stören.
Und gestört wird er häufig. Shen Mo Chao ist nämlich der Erfinder der Todesglocke – einer fliegenden Waffe, die durch ein rotierendes Sägeblatt wie von einem Propeller angetrieben wird und Menschen auf große Entfernung zu köpfen vermag. Prinz Hong Chu, der vierte Sohn des neuen Kaisers, möchte diese Waffe nur zu gerne in seine Finger bekommen.
Der Film spielt im Jahr 1675. Hong Hee ist der persönliche Name des Kangxi-Kaisers, des dritten Herrschers der mandschurischen Qing-Dynastie. Hong Chu, der während seiner Verwicklung in diverse Nachfolge-Intrigen tatsächlich stets nur »der vierte Sohn« genannt wurde, ist als der Yongzheng-Kaiser sein Nachfolger. Unter seinen Ära-Namen kennen wir den »vierten Sohn« bereits als Antagonisten der offiziellen Flying-Guillotine-Filme aus dem Hause Shaw Brothers.
Damit präsentiert The Fatal Flying Guillotine sich als inoffizielles Prequel, das ein wenig am Erfolg der Filme mitverdienen möchte. Jimmy Wang Yu hatte ein Jahr zuvor gezeigt, wie es geht, indem er mit Master of the Flying Guillotine ein Crossover mit seiner eigenen Figur, dem einarmigen Boxer, drehte. Dieser Film hat mit der Zeit Kultstatus erreicht, während The Fatal Flying Guillotine einen eher schlechten Ruf genießt. Unverdient, wie ich meine, denn Regisseur Raymond Lui arbeitete zwar mit sichtlich geringem Budget, fügt der Saga aber doch einige interessante Nuancen hinzu.
Shen Mo Chaos Sohn Shen Piao (Carter Wong) kennt seinen Vater nicht. Seiner Mutter ist er aber (gemäß der konfuzianischen Tugend der kindlichen Pietät) treu ergeben. Als sie schwer erkrankt, macht er sich auf den Weg ins Shaolin-Kloster. Die Mönche haben in ihrer Bibliothek ein Buch, in dem Therapien für scheinbar unheilbare Krankheiten aufgezeichnet sind.
Um das Buch einsehen zu dürfen, hat Shen Piao aber drei Prüfungen zu bestehen: Er muss allein und unbewaffnet zunächst gegen eine Übermacht von Schwertkämpfern, dann gegen eine Übermacht von Stockkämpfern, und schließlich gegen einen Shaolin-Meister im Zweikampf antreten. (Warum die Mönche ihr medizinisches Wissen nicht einfach so teilen, verrät der Film nicht. Wahrscheinlich, weil sie sich dann keine unterhaltsamen Kampfkunst-Prüfungen mehr ausdenken könnten.)
Shen Piao trickst ein wenig. Er trägt einen Gürtel aus hölzernen Gliedern, der sich ähnlich einem Nunchaku verwenden lässt, und einen Körperpanzer, der vor Akupressur-Attacken schützt. Aber da er seine Gegner auf äußerst virtuose Weise verprügelt, sehen die Mönche nachsichtig lächelnd über die kleine Schummelei hinweg und händigen ihm das Buch aus.
Auf dem Heimweg wird Shen Piao aus dem Hinterhalt überfallen. Der maskierte Angreifer tauscht das Buch gegen eine Fälschung aus, und Shen Piaos Mutter stirbt qualvoll. Zornig und trauernd sucht er erneut das Kloster auf. Dort stellt sich heraus, das der Buchdieb kein anderer als Cao Wei ist, der Shaolin-Meister, dem Shen Piao sich im Zweikampf zu stellen hatte. Cao Wei ist ein Mandschu und Spion des »vierten Sohnes«.
Das Buch hat der abtrünnige Meister gestohlen, um es dem Kaisersohn zu bringen. Der plant, das Buch Shen Mo Chao als Geschenk zu überreichen (damit er nicht mehr auf die Eigentherapie mit Schlangengift angewiesen ist), sofern dieser bereit ist, in Hong Chus Dienste zu treten. Mit Hilfe der Todesglocke will der »vierte Sohn« die Macht an sich reißen. Abgesandte Hong Chus sind bereits unterwegs zum Tal des Todes.
Sogleich macht sich eine Gruppe von Shaolin-Kämpfern ebenfalls auf zum Tal, um den Schergen des Kaisersohnes zuvorzukommen. Immer noch nicht ahnend, dass es um seinen Vater geht, schließt Shen Piao sich ihnen an.
Es wird niemanden überraschen, dass die ganze Handlung auf einen tödlichen Zweikampf zwischen Vater und Sohn zuläuft. Auch der Erzählbogen dahin ist von unterhaltsamen Kampfszenen geprägt. Carter Wong ist für die Rolle des stoischen Helden wie geschaffen. Chen Sing als mieser alter Giftgreis, der in seinem Tal hockt und einen Kopf nach dem anderen rollen lässt, gibt wiederum einen formidablen, campy Schurken ab.
Der Film schließt damit, dass die berüchtigte Todesglocke tatsächlich an den Kaiserhof gebracht wird, wo aber niemand mit ihr umzugehen vermag. So fügt sich das inoffizielle Prequel mit geschickter Ironie in die Saga ein. Man kann sich gut vorstellen, dass Kaiser Yongzheng während seines Aufstiegs mit einer fliegenden Waffe (der Todesglocke) in Berührung kam, die in ihm die fixe Idee reifen ließ, selber über eine vergleichbare Waffe (die fliegende Guillotine) zu verfügen. Lässt man sich auf die Skurrilität der Ausgangsidee ein (was unabdingbare Voraussetzung ist, um diese Filme überhaupt ansehen zu können), ist das alles durchaus amüsant.
Notwendig ist eine Bemerkung zur deutschen Synchronfassung. Wer immer die verbrochen hat, vermochte offenbar auf Rassismus nicht zu verzichten. Nach der Eröffnungsszene wird eine Texttafel eingeblendet, auf der es heißt: »Asiens Karate Killer schlagen zu ‒ GELB, BRUTAL und UNERBITTLICH«. Auf so einen Scheiß muss man erst mal kommen, möchte man meinen, aber leider sind solche Sprüche für die deutsche Rezeption chinesischer Martial-Arts-Filme in den siebziger und achtziger Jahren typisch. Und dass man sich nicht die Mühe machte, chinesische und japanische Kampfkunst zu unterscheiden, ist eine Dreingabe an Ignoranz.
Der Mandschu-Fürst Hong Hee hat sich zum Kaiser von China ernannt. Nach der verlorenen Schlacht am Tigerfluss erlahmt der Widerstand der Han. Shen Mo Chao (Chen Sing) wurde in der Schlacht schwer verletzt. Er zieht sich in das Tal des Todes zurück, wo er seine Wunden mit Schlangengift behandelt. Fortan lebt er im Tal und kultiviert seinen Hass auf die siegreichen Mandschu und auf überhaupt alle, die ihn in seiner selbstgewählten Einsamkeit stören.
Und gestört wird er häufig. Shen Mo Chao ist nämlich der Erfinder der Todesglocke – einer fliegenden Waffe, die durch ein rotierendes Sägeblatt wie von einem Propeller angetrieben wird und Menschen auf große Entfernung zu köpfen vermag. Prinz Hong Chu, der vierte Sohn des neuen Kaisers, möchte diese Waffe nur zu gerne in seine Finger bekommen.
Der Film spielt im Jahr 1675. Hong Hee ist der persönliche Name des Kangxi-Kaisers, des dritten Herrschers der mandschurischen Qing-Dynastie. Hong Chu, der während seiner Verwicklung in diverse Nachfolge-Intrigen tatsächlich stets nur »der vierte Sohn« genannt wurde, ist als der Yongzheng-Kaiser sein Nachfolger. Unter seinen Ära-Namen kennen wir den »vierten Sohn« bereits als Antagonisten der offiziellen Flying-Guillotine-Filme aus dem Hause Shaw Brothers.
Damit präsentiert The Fatal Flying Guillotine sich als inoffizielles Prequel, das ein wenig am Erfolg der Filme mitverdienen möchte. Jimmy Wang Yu hatte ein Jahr zuvor gezeigt, wie es geht, indem er mit Master of the Flying Guillotine ein Crossover mit seiner eigenen Figur, dem einarmigen Boxer, drehte. Dieser Film hat mit der Zeit Kultstatus erreicht, während The Fatal Flying Guillotine einen eher schlechten Ruf genießt. Unverdient, wie ich meine, denn Regisseur Raymond Lui arbeitete zwar mit sichtlich geringem Budget, fügt der Saga aber doch einige interessante Nuancen hinzu.
Shen Mo Chaos Sohn Shen Piao (Carter Wong) kennt seinen Vater nicht. Seiner Mutter ist er aber (gemäß der konfuzianischen Tugend der kindlichen Pietät) treu ergeben. Als sie schwer erkrankt, macht er sich auf den Weg ins Shaolin-Kloster. Die Mönche haben in ihrer Bibliothek ein Buch, in dem Therapien für scheinbar unheilbare Krankheiten aufgezeichnet sind.
Um das Buch einsehen zu dürfen, hat Shen Piao aber drei Prüfungen zu bestehen: Er muss allein und unbewaffnet zunächst gegen eine Übermacht von Schwertkämpfern, dann gegen eine Übermacht von Stockkämpfern, und schließlich gegen einen Shaolin-Meister im Zweikampf antreten. (Warum die Mönche ihr medizinisches Wissen nicht einfach so teilen, verrät der Film nicht. Wahrscheinlich, weil sie sich dann keine unterhaltsamen Kampfkunst-Prüfungen mehr ausdenken könnten.)
Shen Piao trickst ein wenig. Er trägt einen Gürtel aus hölzernen Gliedern, der sich ähnlich einem Nunchaku verwenden lässt, und einen Körperpanzer, der vor Akupressur-Attacken schützt. Aber da er seine Gegner auf äußerst virtuose Weise verprügelt, sehen die Mönche nachsichtig lächelnd über die kleine Schummelei hinweg und händigen ihm das Buch aus.
Auf dem Heimweg wird Shen Piao aus dem Hinterhalt überfallen. Der maskierte Angreifer tauscht das Buch gegen eine Fälschung aus, und Shen Piaos Mutter stirbt qualvoll. Zornig und trauernd sucht er erneut das Kloster auf. Dort stellt sich heraus, das der Buchdieb kein anderer als Cao Wei ist, der Shaolin-Meister, dem Shen Piao sich im Zweikampf zu stellen hatte. Cao Wei ist ein Mandschu und Spion des »vierten Sohnes«.
Das Buch hat der abtrünnige Meister gestohlen, um es dem Kaisersohn zu bringen. Der plant, das Buch Shen Mo Chao als Geschenk zu überreichen (damit er nicht mehr auf die Eigentherapie mit Schlangengift angewiesen ist), sofern dieser bereit ist, in Hong Chus Dienste zu treten. Mit Hilfe der Todesglocke will der »vierte Sohn« die Macht an sich reißen. Abgesandte Hong Chus sind bereits unterwegs zum Tal des Todes.
Sogleich macht sich eine Gruppe von Shaolin-Kämpfern ebenfalls auf zum Tal, um den Schergen des Kaisersohnes zuvorzukommen. Immer noch nicht ahnend, dass es um seinen Vater geht, schließt Shen Piao sich ihnen an.
Es wird niemanden überraschen, dass die ganze Handlung auf einen tödlichen Zweikampf zwischen Vater und Sohn zuläuft. Auch der Erzählbogen dahin ist von unterhaltsamen Kampfszenen geprägt. Carter Wong ist für die Rolle des stoischen Helden wie geschaffen. Chen Sing als mieser alter Giftgreis, der in seinem Tal hockt und einen Kopf nach dem anderen rollen lässt, gibt wiederum einen formidablen, campy Schurken ab.
Der Film schließt damit, dass die berüchtigte Todesglocke tatsächlich an den Kaiserhof gebracht wird, wo aber niemand mit ihr umzugehen vermag. So fügt sich das inoffizielle Prequel mit geschickter Ironie in die Saga ein. Man kann sich gut vorstellen, dass Kaiser Yongzheng während seines Aufstiegs mit einer fliegenden Waffe (der Todesglocke) in Berührung kam, die in ihm die fixe Idee reifen ließ, selber über eine vergleichbare Waffe (die fliegende Guillotine) zu verfügen. Lässt man sich auf die Skurrilität der Ausgangsidee ein (was unabdingbare Voraussetzung ist, um diese Filme überhaupt ansehen zu können), ist das alles durchaus amüsant.
Notwendig ist eine Bemerkung zur deutschen Synchronfassung. Wer immer die verbrochen hat, vermochte offenbar auf Rassismus nicht zu verzichten. Nach der Eröffnungsszene wird eine Texttafel eingeblendet, auf der es heißt: »Asiens Karate Killer schlagen zu ‒ GELB, BRUTAL und UNERBITTLICH«. Auf so einen Scheiß muss man erst mal kommen, möchte man meinen, aber leider sind solche Sprüche für die deutsche Rezeption chinesischer Martial-Arts-Filme in den siebziger und achtziger Jahren typisch. Und dass man sich nicht die Mühe machte, chinesische und japanische Kampfkunst zu unterscheiden, ist eine Dreingabe an Ignoranz.
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Foto-Disclaimer
Das Foto im Blog-Header wurde freundlicherweise von Sandra Rugina zur Verfügung gestellt. Es zeigt den Bâlea-See in den rumänischen Karpaten. Alle Rechte liegen bei der Autorin.