Ich bin gerade heftig enttäuscht von Julie Taymors The Tempest. Ihre Verfilmung von Frida Kahlos Leben und Werk mochte ich sehr (und das will etwas heißen, normalerweise kann ich mit Biopics nämlich nicht viel anfangen). Da habe ich mir einiges von Taymors 2010er Film erwartet, in dem Prospero zu einer Prospera wird – eine Idee, die auf Taymor selbst zurückgeht, die auch das Drehbuch schrieb. Die Umsetzung dessen gelingt gut, ansonsten beweist Taymor mit The Tempest aber ein wenig glückliches Händchen.
Prospera ist die Frau des Herzogs von Mailand und regiert nach seinem Tod das Herzogtum. Antonio bezichtigt sie der Hexerei, um den Thron an sich zu reißen, und lässt sie mit ihrer Tochter Miranda in einem lecken Boot aussetzen. Der Rest der Geschichte ist bekannt.
Helen Mirren als Prospera spielt den Rest des Casts glatt an die Wand. Ihre charismatische Umsetzung von Taynors Prosper@-Interpretation wirkt an keiner Stelle gekünstelt und liefert einen schlagenden Beweis, dass es alles andere als notwendig ist, bei der Bearbeitung alter Stoffe an überkommenen Geschlechtervorstellungen kleben zu bleiben. Die restlichen Schauspieler_innen wandern dagegen eher routiniert bis bemüht über die Insel der Zauberin, die in diesem Fall von Hawaii dargestellt wird. Alfred Molina als Stefano hat ein paar Momente, aber die Szenen um Caliban, Stefano und Trinculo versacken schnell in Klamauk, was nicht so ganz zu der elegischen Atmosphäre des Films passen will. Alan Cumming, der den Sebastian spielt, fand ich ja unheimlich gut als Nightcrawler in X-Men 2. Hier bleibt er leider ziemlich blass. Allenfalls Ben Whishaw als androgyner Ariel, der zwischendurch auch mal das Geschlecht wechselt, sticht noch hervor, was aber eher an den Effekten als an seiner Schauspielerei liegt.
Maßlos ärgerlich ist die Darstellung des Caliban (Djimon Hounsou). Nachdem Prosper@ so überzeugend neu interpretiert wurde, fällt es um so mehr ins Gewicht, dass Taymors Caliban ein reines, ungebrochenes Klischee ist: Er rollt mit den Augen, schneidet Grimassen, fürchtet sich vor Büchern und Zauberei und betet weiße Männer als Götter an. Mir so etwas anzusehen, habe ich nun wirklich keine Lust. Die reiche Interpretationsgeschichte, die Caliban als widerständigen Sklaven und/oder kolonisierten Inselbewohner ansieht, scheint an Taymor vollständig vorbeigegangen zu sein.
Die Szenen übernatürlichen oder magischen Inhalts nehmen recht breiten Raum ein, sind aber so gut wie gar nicht in die Handlung integriert, was sie fast wie Musical-Einlagen wirken lässt.* Da gibt es wirklich Filme, in denen die Verknüpfung von phantastischen und realistischen Ereignissen weitaus besser funktioniert. In The Tempest hätte man die phantastischen Szenen weglassen können, ohne dass der Handlung sonderlich viel abhanden käme. Andererseits: Viel Sehenswertes bliebe dann auch nicht übrig.
Schade, aber Helen Mirrens Prospera macht die geballten Schwächen dieses Films einfach nicht wett.
* Das muss kein Zufall sein. Julie Taymor hat bei mehreren Musicals Regie geführt.
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