An diesem Film, dessen deutscher Untertitel Prevolution lautet, ist vielleicht das Überraschendste, dass er tatsächlich von einer Revolution handelt, und wahrscheinlich ist das einer der Hauptgründe, dass er mir so gut gefallen hat.
Rise of the Planet of the Apes ist meines Wissens vor allem in zwei Punkten kritisiert worden: Die Vorgeschichte sei zu ausgedehnt, die Darsteller_innen – jedenfalls die der Menschen – agierten eindimensional. Dem ist nicht mal etwas entgegenzusetzen. Der Film lässt sich in der Tat Zeit, bis es zum großen Augenblick kommt, in dem die schlecht behandelten und eingesperrten Menschenaffen sich gegen ihre Peiniger_innen wenden. Zuvor wird die Geschichte des Helden erzählt: Der Schimpanse Caesar entwickelt ungeahnte intellektuelle Fähigkeiten bis hin zur Gabe der Sprache, weil er mit einem Virus infiziert wurde, der die Alzheimer-Krankheit bekämpfen soll. Caesar lebt in San Francisco bei seinem Ziehvater, dem Wissenschaftler Will Rodman, auf dem Dachboden. Nach einem Zwischenfall mit einem Nachbarn kommt er in ein Tierheim für Menschenaffen, wo Vernachlässigung und Quälereien durch das Personal an der Tagesordnung sind. Rodman versucht, Caesar zu befreien, indem er den Betreiber des Tierheims besticht, doch der Schimpanse lehnt ab. Er zettelt lieber eine Rebellion gegen die tyrannischen Wärter an.
Die für eine Hollywoodproduktion naheliegende Lesart einer solchen Geschichte wäre, dass Caesar aufgrund seines Schicksals zwar zu bemitleiden sei, sich durch seine Wut auf die grausame Behandlung der Menschenaffen jedoch in eine derart gefährliche Kreatur verwandelt habe, dass er mit allen Mitteln aufgehalten werden müsse. Und Caesar würde natürlich keine Revolution anführen, sondern einen Rachefeldzug. Nicht so in diesem Film: Caesar erkennt einfach, dass es für ihn aufgrund seiner gesteigerten Intelligenz unerträglich wäre, von den Menschen weiter wie ein Tier behandelt zu werden. Er weiß durchaus, dass Rodman es gut mit ihm meint, aber er glaubt einfach nicht mehr daran, dass der Mensch ihm wirklich helfen kann – die Affen müssen sich selber helfen. Caesar umgibt sich mit dem Orang-Utan Maurice und dem Gorilla Buck, um für seinen Aufstand möglichst viele Verbündete gewinnen zu können. Der Rest ist eine Sache von präziser Planung (denn es müssen weitere Affen aus dem Zoo von San Francisco und aus Versuchslabors befreit werden) und von Kampfgeist (natürlich versucht die Polizei, die revolutionären Affen am Verlassen der Stadt zu hindern). Unnötige Misshandlungen von Menschen untersagt Caesar; bestraft werden nur diejenigen, die für die Misere der Affen direkt verantwortlich sind. Am Ende ihres Aufstands haben Caesar und seine Genossen nichts zu bereuen.
Der Höhepunkt des Films ist eine epische Schlacht zwischen Affen und Polizei auf der Golden Gate Bridge, eine optisch und dramaturgisch beeindruckende Szene. Die Affen sind schauspielerisch hervorragend dargestellt, insbesondere brilliert Andy Serkis. Das wird ihm vor allem dadurch ermöglicht, dass sein Caesar als echter Charakter konzipiert ist, der eine Entwicklung durchmacht und sein Schicksal selbst in die Hand nimmt. Es gelingt dem Film übrigens, auch weiteren Affenfiguren individuelle Züge zu verleihen (in eingeschränkterem Maße natürlich, Serkis steht klar im Mittelpunkt). Was die Darsteller_innen der menschlichen Figuren betrifft, ist die Kritik an Rise of the Planet of the Apes jedoch weitgehend zutreffend: Außer John Lithgow und Brian Cox vermag keine(r) von ihnen, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. James Franco, der Darsteller des menschlichen Hauptcharakters Rodman, agiert besonders farblos. Tom Felton, der einen sadistischen Wärter spielt, scheint nach seinem Auftreten als Draco Malfoy auf die Rolle des kleinlich-hinterhältigen Schurken mit ständig hassverzerrtem Gesichtsausdruck abonniert zu sein. Und Freida Pinto, in der Rolle von Rodmans Freundin zu sehen, darf außer verständnisvollem Lächeln gar nichts zum Film beitragen. Überhaupt kommen die ein, zwei Frauenrollen in Rise of the Planet of the Apes so eindimensional daher, dass es kaum zu fassen ist: Frauen sind Mütter und Freundinnen, sonst nichts.
Fazit: Was die schauspielerischen Leistungen (sieht man einmal von Serkis’ hervorragender Performance ab) angeht, trifft die Kritik an Rise of the Planet of the Apes ziemlich ins Schwarze. Auch im Bechdel-Test versagt der Film gnadenlos. Was dagegen den langsamen Plot-Aufbau angeht, so hat er mich nicht weiter gestört, sondern im Gegenteil dazu beigetragen, mir Caesar und seine Geschichte um so intensiver vor Augen zu führen. Natürlich ist der Film als Reboot-Auftakt geplant, mit dieser Story und diesem Ende kann er aber eigentlich gut auf eigenen Füßen stehen. Das ist zu begrüßen, finde ich, denn es wirkt dem zu erwartenden Ärgernis vermurkster Sequels entgegen.
8 Kommentare:
Für mich war natürlich die Peripetie des Films am beeindruckendsten ;-)
Dass Caesar plötzlich spricht? Wobei ich es einen der logisch schwächsten Punkte des Films fand, dass suggeriert wurde, Caesar führe die anderen Affen an bzw. koordiniere sie durch verbale Anweisungen. Was soll das bringen, so lange die anderen nicht auch sprechen können? Es ist ja nicht so, dass Caesar sie dressiert hätte, damit sie auf seine Kommandos hören.
Ja, genau die Stelle.
Naja, Logik. Der Orang-Utan wird auch vor der Behandlung mit Wundergas als voll sprachfähig dargestellt. Warum sollten die behandelten Affen also nicht in der Lage sein, Lautsprache zu verstehen, auch wenn sie selbst noch nicht artikulieren können? Das war bei Caesar zunächst ja auch der Fall. Und Gebärdensprache beherrschten sie ja offenbar.
Oder geht es um andere Affen, nicht aus dem Tierheim? Ist ’ne Weile her, dass ich den Film gesehen habe.
Nicht ganz. Maurice, der Orang-Utan, beherrscht Gebärdensprache, bevor er dem Virus ausgesetzt wird, aber den Untertiteln zufolge spricht er in einer Art Pidgin (wobei ich mich gerade frage, ob das bei Gebärdensprache überhaupt möglich ist?). Maurice wird einfach als außergewöhnlich intelligent dargestellt, auch ohne Wundergas, und sieht sich ja sogar selbst als eine Art Ausnahme. Wenn man darauf achtet, ist in mehreren Szenen zu erkennen, dass einige seiner Gesten von Anfang an sehr menschenähnlich sind, fast noch stärker als die von Caesar. Von Maurice ist also nicht unbedingt auf die natürlichen Fähigkeiten der anderen Affen im Tierheim zu schließen.
Nach Kontakt mit dem Virus müssten die Affen aus dem Tierheim natürlich allesamt die Möglichkeit haben, Gebärden- und Lautsprache zu lernen, aber das heißt ja nicht, dass sie sie automatisch beherrschen. Gleiches gälte doch eigentlich auch für das Verstehen von Lautsprache. Und ob die Affen aus dem Zoo und aus dem Versuchslabor überhaupt dem Virus ausgesetzt werden, weiß ich gar nicht mehr.
Ah ja, ok. Und wie wurde nochmal Caesars Gebärdensprache untertitelt?
Ja, im Grunde kann es natürlich auch Gebärden-Pidgins geben, vor allem wenn man den Begriff weiter auffasst und nicht eine Sprachkontaktsituation voraussetzt. Wenn man ein Pidgin also als ein vereinfachtes, sprachähnliches Zeichensystem versteht – so werden Gebärden oft verwendet bzw. das ist die Vorstufe einer Gebärdensprache.
Weiß ich gar nicht mehr genau, wie das untertitelt wurde. Ich glaube, in den Gesprächen mit Rodman gibt es gar keine Untertitel für Caesars Gebärden und in denen mit Maurice ist es Standard-Englisch. Kann aber sein, dass ich das falsch im Gedächtnis habe.
Bei Maurice ist halt sehr auffällig, dass er den Untertiteln zufolge »Apes stupid« und nicht »Apes are stupid« sagt (als es um die Frage geht, ob die Affen sich kollektiv gegen die Menschen wehren können), und dergleichen mehr.
Es wäre in der Tat sehr schön, wenn wir eine Revolution ausnahmsweise mal nicht als abstoßendes Blutbad oder Pöbelaufstand gezeigt bekommen würden. Ob der neueste Affenplanet in dieser Hinsicht jedoch wirklich ein Fortschritt ist, weiß ich nicht so recht. Meine diesbezüglichen Bedenken hab' ich auf meinem Blog dargelegt:
http://katzenklaue.blogspot.de/2012/03/revolution-der-affen.html
(Mit den Links krieg' ich das leider noch nicht so richtig hin.)
Hallo Raskolnik, danke für den Hinweis auf deinen Blogpost. Ich will auf jeden Fall darauf antworten, vielleicht direkt auf deinem Blog, wenn ich etwas mehr Zeit habe.
Was das Verlinken betrifft, muss ich bei Gelegenheit mal ins Kommentarformular eintragen, wie das mit HTML-Tags geht.
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