Mittwoch, 30. Juni 2010

Glennkill

Leonie Swanns Glennkill ist — für mich angenehm überraschend — keines jener Bücher, die auf einer putzigen Idee beruhen und ansonsten ohne jeden literarischen Wert sind. Im Gegenteil. Es ist spannend, intelligent und hat vor allem, was bei deutschen Autor_innen meist fehlt, viel Witz. Beim nächtlichen Lesen musste ich sogar so sehr lachen, dass meine Freundin neben mir im Schlaf verärgert zu brummeln begann. Schön sparsame und daher wirkungsvolle Anspielungen auf die Geschichte der phantastischen Literatur, die in Handlung und Setting eingeflochten sind, machen sich zudem sehr nett für nerdige Leser_innen aus.*

Mittlerweile gibt es bekanntlich Katzenkrimis (Akif Pirinçci, Rita Mae Brown), Schweinekrimis (Arne Blum) und mit Glennkill eben einen Schafskrimi. Gehütete Schafe, das entnehme ich jedenfalls dem Roman, kommen nicht eben weit rum (es sei denn, sie werden auf eine andere Weide getrieben). Das macht dem Buch aber gar nix, denn es ist ein Whodunit. Klassische Whodunits spielen ja in der Regel in abgelegenen Landsitzen, in Clubhäusern oder auf Kreuzfahrtschiffen und haben daher auch keine besonders große Variationsbreite, was Schauplätze angeht. In Glennkill funktioniert's jedenfalls gut, dass sich die Handlung nahezu ausschließlich auf einer steilklippigen Schafsweide bei dem irischen Dörfchen gleichen Namens abspielt. Und wie fast jeder gute Whodunit-Krimi ist Glennkill im Grunde eine Gothic Novel, mit viel Nebel, Familiengeschichten, Skeletten im Schrank und verborgenem Leid, das zu Tage kommen will.

Alles in allem eine schöne Überraschung also, dieser Roman, wenn auch keine, die ich wiederholt lesen würde. Aber das ist bei Krimis in der Regel ja auch nicht so angelegt. Übrigens ist vor wenigen Wochen erst mit Garou der Nachfolger von Glennkill erschienen, diesmal per Untertitel als ›Schaf-Thriller‹ gekennzeichnet. Anscheinend hat sich die Autorin Zeit damit gelassen, was für mich ein gutes Zeichen ist.

Glennkill. Ein Schafskrimi (376 Seiten) ist 2005 bei Goldmann erschienen.

* Keine Angst, Glennkill ist nicht Christoph Marzis Lycidas!

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Foto-Disclaimer

Das Foto im Blog-Header wurde freundlicherweise von Sandra Rugina zur Verfügung gestellt. Es zeigt den Bâlea-See in den rumänischen Karpaten. Alle Rechte liegen bei der Autorin.