Dienstag, 18. Mai 2021

Graf Dracula (beißt jetzt) in Oberbayern (1979)

Regie: Carl Schenkel · Drehbuch: Grünbach & Rosenthal · Musik: Gerhard Heinz · Kamera: Heinz Hölscher · Schnitt: Jutta Hering · Produktion: Barthonia Film.

Der Münchner Erotikfotograf Stani (Gianni Garko) kehrt in sein Heimatdorf zurück. Im alten Stammschloss seiner Familie will er eine Disco und ein Hotel eröffnen. Als Publikumsmagnet bringt er vier Fotomodelle aus München mit: Mausi (Bea Fiedler), Lilo (Linda Grondier), Laurie (Laurence Kaesermann) und Georgia (Georgina Steer), die fortan in Stanis Disco strippen.

Stanis Mutter, die Gräfin (Herta Worell), ist von den Geschäftsideen ihres Sohnemanns nicht sehr angetan. Sie befürchtet, seine Pläne für das Schloss könnten »die Toten wecken«. Und in der Tat: Tief unten in den Gewölben des Schlosses regen sich Stanis untote Urgroßeltern, Graf Stanislaus (ebenfalls Gianni Garko) und Gräfin Olivia (Betty Vergès), sobald die Disco-Beats an ihre Ohren dringen.

Stanislaus und Olivia hatten eigentlich versprochen, ihre Gruft nicht mehr zu verlassen. Im Gegenzug wurden sie von Schlossverwalter Boris (Ralf Wolter) mit geklauten Blutkonserven versorgt. Aber Boris wird bei seinem letzten Beutezug auf frischer Tat ertappt, und dem gräflichen Paar knurrt der Magen.

Graf Stanislaus stellt fest, dass die Disco-Mädels die ekstatischen Gefühle, die sein Biss auslöst, sehr zu schätzen wissen. Ungehemmt knabbert er sich durch die Partyszene, die durch Stanis Aktivitäten ins beschauliche Oberbayern gelockt wurde. (Gattin Olivia tut sich etwas schwerer damit, sich in den siebziger Jahren zurechtzufinden.)

In der nahegelegenen Dorfschule unterrichtet Ellen van Helsing (Ellen Umlauf), Tochter eines prominenten Vampirjägers. Stanis Disco ist ihr ein Dorn im Auge, denn sie befürchtet, dass sie die Moral der Jugend verdirbt. Aber nie hätte sie gedacht, dass sie noch einmal den alten Familienberuf werde ausüben müssen ...

Das Subgenre der westdeutschen Vampirklamotte mit Softsex-Anteil, das mit Beiß mich Liebling! (1970) und Gebissen wird nur nachts (1971) seinen Anfang nahm, war ganz für sich schon eine etwas merkwürdige Angelegenheit. Ende der siebziger Jahre meinte irgendwer offenbar, dem noch einen draufsetzen und es mit dem Lederhosen-Sexfilm kombinieren zu müssen. Und die (Doppel-)Hauptrolle mit Italowestern-Veteran Gianni Garko zu besetzen.

Das eigentlich Bizarre ist aber, dass Regisseur Schenkel zwischendurch immer mal wieder die Lust verließ, stets nur Intimbehaarung und Discokugeln ins Bild zu nehmen. Sein Film verirrt sich hier und da in Szenen, die an echten Horror erinnern – zum Beispiel eine, die als Hommage an Hitchcocks Duschszene gesehen werden muss. Angst vor der Inkongruenz kann man Schenkel nicht vorwerfen, obwohl sich nach wenigen Minuten unweigerlich alles wieder in Klamauk auflöst.

Am Ende wird es Olivia und Stanislaus zu viel, ständig als Touri-Attraktion herhalten zu müssen, und sie flüchten entnervt in die Urheimat Transsilvanien. Folgerichtig war dieser Ausflug nach Oberbayern das letzte Mal, dass sich ein Filmstudio an diese Stilblüte von einem Subgenre heranwagte.

Die VAMPYRS: Graf Stanislaus und Gräfin Olivia.

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Foto-Disclaimer

Das Foto im Blog-Header wurde freundlicherweise von Sandra Rugina zur Verfügung gestellt. Es zeigt den Bâlea-See in den rumänischen Karpaten. Alle Rechte liegen bei der Autorin.