Donnerstag, 5. Dezember 2019

Half Human (1955)

[Godzilla: King of the Monsters habe einen dämlichen Plot, heißt es. Ja, was ist denn los mit der Jugend von heute? Dämliche Plots gehören zu Godzilla wie Käse auf die Pizza. Zu Dokumentationszwecken gebe ich nach und nach den Plot möglichst aller Godzilla-Filme wieder. Warum? Weil ich es kann. Und weil die Verästelungen der Godzilla-Saga einfach Spaß machen.]

Produktion: Toho Pictures
Ära: Showa
Regie: Ishiro Honda
Drehbuch: Takeo Murata
Musik: Masaru Sato

Half Human ist Ishiro Hondas erster Monsterfilm nach Godzilla. Doch wer ihn anschauen möchte, sollte unbedingt die japanische Originalversion ausfindig machen. Ebenso wie bei Godzilla und Godzilla kehrt zurück wurde für das westliche Publikum eine eigene Schnittfassung mit zusätzlichen Szenen erstellt. Diesmal ist es John Carradine, der durch unnötige Laberszenen den Spannungsbogen ruinieren muss. Das Problem bei Half Human ist, dass Toho aus unbekannten Gründen entschied, den Film nicht in den japanischen Kinos laufen zu lassen. In den USA lief der Film im Kino (natürlich in der verwestlichten Fassung), während das Original erst Jahre nach seiner Fertigstellung im japanischen Fernsehen gezeigt wurde. Aus diesen Gründen ist die westliche Fassung weitaus verbreiteter als die japanische.

Eine Gruppe von fünf Studierenden macht Ski-Urlaub in den japanischen Alpen. Nach einem langen Tag auf der Piste beschließen zwei der Studierenden, ihren Freund Gen in seiner abgelegenen Berghütte zu besuchen. Die übrigen drei machen sich Sorgen, können ihre Freunde aber nicht von ihrem Plan abbringen. Sie kehren in ihre Lodge zurück und warten auf die beiden Nachzügler. Am Abend bricht ein Schneesturm aus. Der Wirt versucht Gens Hütte telefonisch zu erreichen, doch es kommt keine Verbindung zustande. Da betritt plötzlich die mysteriöse Chika, eine in Felle gekleidete junge Frau, das Gasthaus. Sie erklärt, auf dem Weg zu Gens Hütte werde es in Kürze eine Lawine geben. Und tatsächlich donnert wie zur Bestätigung in Hörweite der Lodge eine Lawine herab. Fast zeitgleich klingelt das Telefon. Aus der Leitung sind nur Schreie und ein Schuss zu hören. Chika verschwindet so plötzlich im wirbelnden Schnee, wie sie gekommen ist.

Am nächsten Tag treffen die Studierenden in Begleitung der Polizei bei Gens Hütte ein. Im Inneren finden sie den toten Gen. Riesige Fußspuren führen von der Hütte weg, und in der Nähe liegt die Leiche des vermissten Kaji im Schnee. Die Suche nach Kiyoshi, dem zweiten Vermissten, dauert bis in die Nacht an, bleibt aber erfolglos.

Im Frühjahr, nach der Schneeschmelze, kehren die übriggebliebenen drei Studierenden in die Berge zurück, um erneut nach Kiyoshi zu suchen. Mitgebracht haben sie den Zoologen Dr. Koizumi, der einen Verdacht hat, was die gigantischen Fußabdrücke angeht. 1951 hatte der britische Bergsteiger Eric Shipton auf dem Everest-Massiv Spuren im Schnee fotografiert, die er für Fußabdrücke des Yeti hielt. Dr. Koizumi glaubt nun, es könne in den japanischen Alpen einen Verwandten des haarigen Gesellen aus dem Himalaya geben. Der Zoologe heuert lokale Bergsteiger an, um nach dem Schneemenschen zu suchen. Unbemerkt heftet sich ein Trupp von Wilderern unter der Führung des ruchlosen Oba an die Fersen der Expedition.

Als ihnen klar wird, dass Koizumi sie ins Garan-Tal führt, folgen die Bergsteiger nur unwillig.  Aus diesem Tal, erklären sie, sei noch nie jemand lebend zurückgekehrt. Die Verletzung eines der ihren durch eine Gerölllawine nehmen sie zum Anlass, umzukehren. In der Nacht wacht die Studentin Machiko auf, während der Schneemensch sich über sie beugt. Im anschließenden Chaos verläuft sich Machikos Freund Takashi und stolpert in Obas Lager. Die Wilderer verprügeln Takashi und werfen ihn in eine Felskluft. Gerettet wird er von Chika, die den bewusstlosen Studenten in ihr Dorf bringt.

In dem Dorf wird der Schneemensch als Gott verehrt. Während Chika unterwegs ist, um dem Schneemenschen eine Opfergabe zu bringen, wird Takashi gefesselt und als Fressen für die Geier an einer steilen Felswand aufgehängt. Chikas Großvater, der Dorfälteste, befürchtet, Takashis Anwesenheit werde weitere Fremde in das Garan-Tal locken und der isolierten Existenz des Dorfes und seiner Gottheit ein Ende bereiten. Als Chika protestiert, wird sie von ihrem Großvater geschlagen.

Takashi wird ausgerechnet von dem Schneemenschen, der in einer Tropfsteinhöhle in der  Nähe haust, aus seiner üblen Lage befreit. Die Wilderer haben unterdessen die Höhle gefunden und entdeckt, dass der Schneemensch Nachwuchs hat. Sie fangen den Schneemenschen samt seinem Kind mit einem Netz, betäuben ihn mit Chloroform und sperren ihn in einen Käfig. Einmal aus der Betäubung erwacht,  ist es dem Schneemenschen allerdings ein Leichtes, sich aus der Gefangenschaft zu befreien. Er dezimiert die Wilderer, indem er sie teils erwürgt, teils lebend in eine tiefe Schlucht wirft. Jedoch gelingt es Oba kurz vor seinem Tod, das Schneemenschenkind mit einem Schuss zu töten.

Der Schneemensch bettet sein Kind in einem Raum der Höhle zur Ruhe, in dem bereits zahlreiche Knochen lagern. Daraus wird deutlich, dass der Schneemensch nun der letzte seiner Art ist. Rasend vor Wut zerstört er das Dorf, dessen Bevölkerung er offenbar die Schuld an dem Schlamassel gibt. Chika kann sich retten, aber ihr Großvater wird unter den Trümmern seiner Hütte begraben.

Takashi hat sich wieder zu seiner Expedition durchgeschlagen und berichtet von seinen Erlebnissen. In der Nacht entführt der Schneemensch Machiko aus dem Camp. Anderntags finden die Expeditionsmitglieder Chika, die alleine in den rauchenden Ruinen des Dorfes trauert. Sie führt sie zur Höhle des Schneemenschen. Im Inneren finden sie die sterblichen Überreste Kiyoshis, daneben sein Tagebuch. Sie erfahren daraus, dass Kiyoshi von der Lawine verschüttet, aber von dem Schneemenschen gerettet wurde. In der Höhle erlag er dann seinen Verletzungen.

In der Tiefe des Berges stoßen sie auf den Schneemenschen, der Machiko auf den Armen trägt. Hinter ihm ist nur noch ein mit brennendem Schwefel gefüllter Abgrund. Chika attackiert den Schneemenschen mit einem Messer, um Machiko zu retten. Es gelingt ihr, Machiko zu befreien, doch sie selber stürzt gemeinsam mit dem verletzten Schneemenschen in den Abgrund.

Eric Shiptons (reale) Fotos von (vermeintlichen) Yeti-Fußabdrücken am Mount Everest führten dazu, dass sowohl Hollywood als auch die britische Filmindustrie B-Movies über den »schrecklichen Schneemenschen« produzieren ließ. Da wollte Toho nicht nachstehen und schickte Ishiro Honda ins Rennen, um ebenfalls einen Yeti-Flick zu drehen. Half Human wurde Rücken and Rücken (und teils mit dem selben Team) mit Godzilla kehrt zurück produziert, doch nach getaner Arbeit entschied Toho plötzlich, den Film zurückzuhalten. Über die Gründe kann man nur spekulieren. Möglicherweise war Toho die Idee eines isolierten Dorfes mitten in Japan, in dem barbarische Riten gepflegt und alle Fremden umgebracht werden, dann doch zu heikel. Schade ist es allemal, denn Half Human ist ein deutlich besserer Film als Godzilla kehrt zurück.

Konsequenterweise taucht der Schneemensch auch nie wieder in einem Toho-Film auf. Ihn bei einem der so beliebten Monsterkämpfe einzusetzen, wäre auch schwierig gewesen, denn er hat eine verhältnismäßig bescheidene Größe von etwa drei Metern. Zum Vergleich: Godzilla war zu dieser Zeit 50 Meter groß. Etwas traurig ist es dennoch, dass dem Schneemenschen keine weitere Filmkarriere beschieden war.

Ein skurriles Detail, selbst für Showa-Verhältnisse: Die Bergsteiger in Dr. Koizumis Expedition singen abends am Lagerfeuer »Muss i denn, muss i denn, zum Städtele hinaus«, komplett mit deutschem Text. Damit auch wirklich die echte Alpenstimmung entsteht.

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Foto-Disclaimer

Das Foto im Blog-Header wurde freundlicherweise von Sandra Rugina zur Verfügung gestellt. Es zeigt den Bâlea-See in den rumänischen Karpaten. Alle Rechte liegen bei der Autorin.