Samstag, 27. November 2010

Premio Cervantes für Ana María Matute!

Die katalanische Schriftstellerin Ana María Matute ist mit dem Cervantespreis, dem wichtigsten Literaturpreis der spanischsprachigen Welt, ausgezeichnet worden. Die großen deutschen Zeitungen scheinen darüber verblüfftes Stillschweigen bewahren zu wollen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt ...

... denn Matutes zuletzt ins Deutsche übersetztes Buch ist die epische Fantasy Olvidado Rey Gudú, in den zwei Bänden Der vergessene König Gudú und Das Erbe des Königs Gudú bei Piper erschienen. Als der Piper-Verlag vor einigen Jahren begann, unter Leitung von Friedel Wahren sein Fantasy-Programm aufzubauen, stand dieses zunächst in der Nachfolge des entsprechenden Programms bei Weitbrecht/Thienemann, welches einen Schwerpunkt in märchenhafter Fantasy hatte und Autoren wie Hans Bemmann, Michael Ende und Otfried Preußler publizierte. Dieser Traditionsbezug eröffnete ungeahnte Möglichkeiten bei Piper, denn plötzlich erschienen dort Raritäten und Kostbarkeiten wie Hope Mirrlees, Barry Hughart und eben Ana María Matute, teils sogar in schön ausgestatteten Hardcover-Bänden. Leider war diese experimentierfreudige Phase nicht von langer Dauer, denn es begann der große Wettlauf der einschlägigen Verlage, in möglichst großer Anzahl Völkerromane auf den Markt zu werfen.

Olvidado Rey Gudú hatte im Erscheinungsjahr 2003 eine enorm euphorisierende Wirkung auf mich, weil der Roman mich schlagartig überzeugte, dass es lesenswerte epische Fantasy nach Tolkien gibt, und ich gar nicht mehr aufhören konnte, Matute zu bejubeln und zu loben. Entsprechend freue ich mich jetzt über die Preisvergabe. Die Autorin selbst, die oftmals als Grande Dame der katalanischen Literatur bezeichnet wird* und auf ein umfangreiches Werk zurückblicken kann, nennt den Gudú ihr wichtigstes Werk und sieht in ihm das Buch, dass sie schon vor Beginn ihrer literarischen Karriere schreiben wollte. In der Tat handelt es sich um eine Geschichte von mitreißender erzählerischer Kraft und einer mythopoetischen Intensität, wie man sie selten findet. Um so schöner, dass es den Gudú gibt, dass er übersetzt wurde und sein Zauber somit nicht auf die spanischsprachige Welt beschränkt blieb.

* Eine Bezeichnung, die nicht missverstanden werden sollte: Matute schreibt in kastilischer Sprache.

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Foto-Disclaimer

Das Foto im Blog-Header wurde freundlicherweise von Sandra Rugina zur Verfügung gestellt. Es zeigt den Bâlea-See in den rumänischen Karpaten. Alle Rechte liegen bei der Autorin.