Sonntag, 15. Februar 2015

Thomas der Reimer

Theodor Fontanes Verdeutschung der schottischen Ballade »Thomas the Rhymer« steht der Lübbe-Ausgabe von E.R. Eddisons Wurm Ouroboros voran:


Thomas der Reimer

Der Reimer Thomas lag am Bach,
Am Kieselbach bei Huntly Schloß.
Da sah er eine blonde Frau,
Die saß auf einem weißen Roß.

Sie saß auf einem weißen Roß,
Die Mähne war geflochten fein,
Und hell an jeder Flechte hing
Ein silberblankes Glöckelein.

Und Tom der Reimer zog den Hut
Und fiel auf’s Knie, er grüßt und spricht:
»Du bist die Himmelskönigin!
Du bist von dieser Erde nicht!«

Die blonde Frau hält an ihr Roß:
»Ich will dir sagen, wer ich bin;
Ich bin die Himmelsjungfrau nicht,
Ich bin die Elfenkönigin!

»Nimm deine Harf und spiel und sing
Und laß dein bestes Lied erschalln,
Doch wenn du meine Lippe küßt,
Bist du mir sieben Jahr verfalln!«

»Wohl! sieben Jahr, o Königin,
Zu dienen dir, es schreckt mich kaum!«
Er küßte sie, sie küßte ihn,
Ein Vogel sang im Eschenbaum.

»Nun bist du mein, nun zieh mit mir,
Nun bist du mein auf sieben Jahr.«
Sie ritten durch den grünen Wald
Wie glücklich da der Reimer war!

Sie ritten durch den grünen Wald
Bei Vogelsang und Sonnenschein,
Und wenn sie leicht am Zügel zog,
So klangen hell die Glöckelein.


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Foto-Disclaimer

Das Foto im Blog-Header wurde freundlicherweise von Sandra Rugina zur Verfügung gestellt. Es zeigt den Bâlea-See in den rumänischen Karpaten. Alle Rechte liegen bei der Autorin.