Freitag, 9. September 2011

Der Dunkle Turm – Verrat

Wir erinnern uns: In Der lange Heimweg, dem zweiten Band der Graphic Novel zu Stephen Kings Dunklem Turm, wird Rolands, Alains und Cuthberts gefahrvolle Flucht aus Mejis gezeigt. Im dritten Band, Verrat betitelt, beginnt nun ein neuer Spannungsbogen. Der Handlungsort ist nun Gilead, der Sitz von Rolands Vater Steven Deschain, wo es zu allerlei Intrigen und Verwicklungen kommt, während John Farson, der geschworene Feind Steven Deschains und seiner Revolvermänner, seine Banden mordend und brandschatzend durchs Land ziehen lässt, um schließlich Gilead selbst in den Würgegriff zu nehmen.

Roland ist durch die Ereignisse in Mejis und ihre Nachwirkungen zu einem düster vor sich hin brütenden Jugendlichen geworden, voller Hass auf die Feinde Gileads und gleichzeitig fasziniert von ihren Machenschaften. Seine Freunde Alain und Cuthbert werden seit ihrer Rückkehr von den anderen Revolvermann-Zöglingen aus Neid gemieden. Rolands Mutter, Gabrielle Deschain, ist weiterhin Wachs in den Händen von Gileads verräterischem Hofzauberer Marten. So weit die altbekannten Charaktere. Neu eingeführt wird Aileen Ritter, eine Nichte des rüpeligen Revolvermann-Ausbilders Cort. Die androgyne Schönheit wurde von ihrem Onkel ausgebildet und ist eine hervorragende Schützin. Cort wollte dem elternlosen Mädchen damit die Möglichkeit geben, sich in der großen, bösen Welt notfalls selbst verteidigen zu können. Aileen sieht die Sache etwas anders. Sie will sich nicht mit der ihr beschiedenen Frauenrolle zufrieden geben und ein Revolvermann werden. Ihre Ausbildung durch Cort sieht sie als ersten Schritt in diese Richtung.

Stärker als je zuvor wird in Verrat deutlich, wie unglaublich patriarchal die Welt des Dunklen Turms ist. Die Revolvermänner von Gilead sind ja nichts anderes als ein Ritterorden mit dem Auftrag, die Schwachen zu beschützen. Und die Schwachen sind anscheinend vor allem Frauen, die sich diesen Schutz gefallen zu lassen haben. Entsprechend nimmt sich das Gros der Frauengestalten aus Kings Zyklus auch eher klischeehaft und traditionell aus: Gabrielle Deschain ist das schwache, verführbare Weib par excellence. Rolands Geliebte Susan Delgado ist dermaßen ätherisch und anbetungswürdig, dass ihr im Grunde gar nichts anderes übrig bleibt, als einen frühen und unschuldigen Tod zu sterben. Die Hexe Rhea ist archetypisch alt, vertrocknet und neiderfüllt. Wirklich interessante weibliche Figuren sind im Grunde nur Susannah Dean und Coral Thorin. Da kommt ein Charakter wie Aileen Ritter gerade recht, und ich hoffe sehr, dass sie in den weiteren Bänden nicht zur Randfigur degradiert wird.

Das Team hinter Verrat ist das gleiche wie bei den beiden Vorgängerbänden. Und wie schon in Der lange Heimweg gibt es auch im vorliegenden Band jede Menge Nerd-Infos als Anhang zur Geschichte. Diesmal über Frauenrollen in Mittwelt und den Oriza-Kult (bekannt aus Wolves of the Calla, dem fünften Band der Romanreihe), über die Kleinen Schwestern von der Rose, über die Manni sowie über Giftmorde und Rätselwettbewerbe in Mittwelt. Das kann man mögen, muss man aber nicht. Ich finde die kurzen Texte mal mehr, mal weniger interessant. Aber letztlich sind es ja die bunten Bildchen und die Story, auf die es hier ankommt. Und die wissen nach wie vor zu überzeugen.

Verrat von Stephen King (Idee), Robin Furth (Story), Peter David (Skript), Jae Lee & Richard Isanove (Zeichnungen) ist 2010 bei Heyne erschienen. Die Übersetzung besorgte Wulf Bergner.

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Foto-Disclaimer

Das Foto im Blog-Header wurde freundlicherweise von Sandra Rugina zur Verfügung gestellt. Es zeigt den Bâlea-See in den rumänischen Karpaten. Alle Rechte liegen bei der Autorin.