Montag, 19. Juli 2010

Deutscher Phantastik-Preis 2010

Die DPP-Endrunde für dieses Jahr läuft. Die Nominierungen zum Deutschen Phantastik-Preis sind ja alljährlich so etwas wie eine Veranschaulichung des armseligen Zustands der Fantasy im deutschsprachigen Raum. Insbesondere lässt sich dies an den Nominierungen für den »besten deutschprachigen Roman« festmachen. Mit Heitz, Hennen, Meyer und Schätzing sind ausschließlich die üblichen Verdächtigen vertreten. Für wen soll man da stimmen? Heitz kommt nicht in Frage, ganz klar. Hennen hat jedenfalls einige Sachen geschrieben, die durchaus über den deutschen Durchschnitt hinausragen. Aber dieses ausufernde Elfenzeugs? Lieber nicht. Schätzings Erzähle finde ich zwar mitunter hochspannend, jedoch an laufend eingestreuten, allzu biederen popkulturellen Reminiszenzen krankend. Der also auch nicht. Bleibt Kai Meyer, der in meinen Augen überschätzt wird, aber – vergleichbar mit Hennen – auch ganz ordentliche Romane veröffentlicht hat. Und vielleicht gehört der neue Arkadienzyklus, der für den DPP nominiert wurde, ja dazu. Weiß der Himmel.

Interessanter wird es beim DPP manchmal in der Rubrik »Bestes deutschprachiges Romandebüt«. Den hat immerhin auch schon mal eine interessante Autorin wie Ju Honisch eingeheimst.* Mangels Zugang zu deutschsprachigen Romandebüts kann ich dazu gegenwärtig aber leider keinen Senf dazugeben. Gleiches gilt für die Rubriken »Beste deutschsprachige Kurzgeschichte« und »Beste Kurzgeschichten-Sammlung«. Bei den internationalen Romanen ging meine Stimme an Jasper Fforde.

Was die Frage nach der »besten Serie« angeht, befinde ich mich schlicht für überfordert. Aus den Nominierungen wird nicht klar, ob damit ein Zyklus oder eine Heftromanreihe oder sonstwat gemeint ist. Da lasse ich lieber die Finger von.

Gleich von Anfang an gegen Null geht mein Interesse, für einen »besten Grafiker« zu stimmen. Die Obsession, auf jede Publikation aus dem Bereich Fantasy/SF ein quietschbuntes Gemälde draufzuklatschen, fand ich schon immer befremdlich. Ganz zu schweigen von sogenannter Fantasy-Art insgesamt – igitt. Von mir aus könnten Fantasy-TBs nämlich auch wie preisgünstige Reclam-Hefte aussehen (nur stabiler müssten sie sein).

Bei der Sekundärliteratur habe ich für das Magira-Jahrbuch gestimmt. Bei den Hörbüchern und Hörspielen: Enthaltung, weil ich zu denen ein ziemlich ambivalentes Verhältnis habe. Hörspiele mag ich generell nicht, und den Genuss von Hörbüchern hat mir Dirk Bachs Zamonien-Genäsel verdorben.

Was die »beste Internet-Seite« angeht, habe ich zwischen FantasyGuide und Bibliotheka Phantastika abgewogen. Bei letzterer passiert zwar gegenwärtig nur im Forum was, aber letztlich habe ich mich dann doch – wie immer völlig subjektiv – für die grüne Bibliothek entschieden, weil ich dort einfach häufiger herumklicke (und tippe). Ist aber keinesfalls eine Entscheidung gegen den FantasyGuide, dessen Interviews ich ab und an gerne lese.

So weit, so wenig überraschend. Eine spannende Preisverleihung in Sachen phantastischer Literatur stelle ich mir allerdings schon immer eher wie den Phantastikpreis der Stadt Wetzlar vor, auch wenn ich da nicht klickend mitnominieren kann. Diesjährige Preisträgerin ist übrigens Christiane Neudecker mit ihrer Story-Sammlung Das siamesische Klavier.

Und da wir gerade beim Nominieren sind, hier noch ein weiterer Hinweis: Auf den Seiten des Freitag** läuft gerade die Publikumsabstimmung zur Hotlist 2010 des Buchpreises für Veröffentlichungen aus Independent-Verlagen. Als trashig-bunter Farbklecks sticht insbesondere Jörg Kastners Hadschi Halef Omar, erschienen im Karl-May-Verlag,*** hervor.

* Andererseits gab es Totalabstürze wie Christoph Marzis Lycidas.
** Exkurs: Habe ich irgendwo eigentlich schon mal erwähnt, wie sehr der seit der Übernahme durch Jakob Augstein benutzer_innenfeindliche Internetauftritt dieses Blattes mich nervt? Wohlstandskinder mit schneller Internetverbindung und leistungsstarkem Server scheinen die Zielgruppe dieses gänzlich überflüssigen »Projekts Linke Mitte« zu sein.
*** Diesem Schundverlag drücke ich als glühender Anhänger von Hans Wollschlägers und Hermann Wiedenroths historisch-kritischer Ausgabe hiermit jedoch meine ganze Verachtung aus.

1 Kommentar:

Rodolfo Mangosta Peferbaum hat gesagt…

Nachtrag: In der Molochronik hat sich, aufgehängt an Alex' DPP-Voting, eine Diskussion über das Rezensionswesen im Internet entspannt.

Foto-Disclaimer

Das Foto im Blog-Header wurde freundlicherweise von Sandra Rugina zur Verfügung gestellt. Es zeigt den Bâlea-See in den rumänischen Karpaten. Alle Rechte liegen bei der Autorin.