Freitag, 26. März 2021
L’ultima preda del vampiro (1960)
Dienstag, 23. März 2021
La strage dei vampiri (1962)
Deutscher Titel: Die Rache des Vampirs · Regie: Roberto Mauri · Drehbuch: Roberto Mauri · Musik: Aldo Piga · Kamera: Ugo Brunelli · Schnitt: Jenner Menghi · Produktion: Mercurfilm.
Österreich im 19. Jahrhundert. Das junge adelige Paar Louise (Graziella Granata) und Wolfgang (Walter Brandi) lässt ein altes Schloss wieder herrichten, um sich auf dem Land niederzulassen. Zum Einzug geben sie einen Ball. Dort erscheint ein mysteriöser Fremder (Dieter Eppler) und tanzt mit Louise. Der Fremde, der den ganzen Film über namenlos bleibt, ist ein Vampir, und Louise nach der Begegnung mit ihm nicht mehr dieselbe. So scheint es jedenfalls Wolfgang. In Wien konsultiert er einen Arzt (Luigi Batzella), der im Ruf steht, Experte für solche Angelegenheiten zu sein.
Ein Wiener Arzt, der zur Lösung sexueller Konflikte angerufen wird? Die Anspielung ist überdeutlich, zumal Dr. Nietzsche sich die meiste Zeit an einer Zigarre festklammert. Aber wie der Name schon sagt, liegt hier kein Porträt Freuds vor. Dr. Nietzsche ist vielmehr ein verhinderter Übermann; die perfekte Verkörperung des »Wenn du zum Weibe gehst, vergiss die Peitsche nicht«. Er eröffnet Wolfgang, seine Frau sei »kontaminiert« und müsse ebenso wie der Fremde getötet werden. Mit dem gehörnten Ehemann im Schlepptau macht Dr. Nietzsche sich unverzüglich auf die Jagd.
An den Verhältnissen des Gothic Horror der sechziger Jahre gemessen, zeichnet La strage dei vampiri sich durch eine erstaunliche Ambivalenz aus. Das beginnt schon beim Titel, der »Das Gemetzel der Vampire« bedeutet. Aber wer wird gemetzelt? Sind es die Vampire, die ein Gemetzel anrichten, oder werden sie gemetzelt? Am Anfang wird gezeigt, wie eine Vampirin vom sprichwörtlichen Mob mit Mistgabeln und Fackeln förmlich geschlachtet wird. Und am Ende inszeniert der Film nicht den Vampir, sondern Dr. Nietzsche als denjenigen, der in den Schatten lauert, um aus dem Hinterhalt heraus anzugreifen.
Natürlich verletzt La strage die Konventionen seines Genres nicht allzusehr. Am Ende muss die Ordnung wiederhergestellt sein, und so kommt es auch. Aber dafür, dass Dr. Nietzsche als Vampirjäger eine Heldenfigur sein soll, erscheint er doch sehr als einer, der lustvoll-aggressive weibliche Sexualität fürchtet wie eine Krankheit. Hinzu kommen verstörende Anspielungen, dass Wolfgang einen Hang zur Pädophilie haben könnte. Auch wird die österreichische Adelsgesellschaft nicht als heile Welt dargestellt, sondern als von Klatsch und Neid geprägt.
Dieter Eppler geriet durch Zufall an die Rolle des Vampirs. Er war nach Italien gekommen, um einen Inspektor in einem Krimi zu spielen. Dieser Film wurde nie realisiert, und Eppler war frei für La strage. Ein Glücksfall, denn er spielt den Vampir auf eine Weise, die entschieden campy ist, es aber nie zu weit treibt.
Sehr zum Gelingen des Films tragen auch die Musik Aldo Pigas und der Drehort bei. Gefilmt wurde nämlich in dem mittelalterlichen Dorf Monte San Giovanni Campano, dessen Burganlage der Familie Thomas von Aquins gehörte. Die Außenaufnahmen und die Musik sorgen für eine traumartige Atmosphäre.
An La strage dei vampiri zeigt sich, dass der italienische Gothic Horror, der mit Mario Bava begann, entgegen anderslautender Behauptungen nicht auch gleich wieder mit Bava aufhörte. Warum ist dieser Film nicht schon längst ein Geheimtipp?