Alternativtitel: Mark of the Vampire · Deutscher Titel: Immer bei Anbruch der Nacht · Regie: Paul Landres · Drehbuch: Pat Fielder · Musik: Gerald Fried · Kamera: Jack MacKenzie · Schnitt: John Faure · Produktion: United Artists.
Mit seinem letzten Atemzug drückt der Wissenschaftler Dr. Campbell (Wood Romoff) Paul Beecher (John Beal) ein Fläschchen mit Pillen in die Hand. Beecher ist ein gutmütiger Kleinstadtarzt und alleinerziehender Vater, der nur ein Problem hat: Er leidet an Migräne. Das Unheil beginnt, als Beecher Campbells Pillen mit seinen Kopfschmerztabletten verwechselt und eine davon schluckt.
Beecher merkt schnell, dass die mysteriösen Pillen süchtig machen. Er findet heraus, woran der verstorbene Dr. Campbell in seinem Labor arbeitete: an Mitteln und Wegen, wie sich im modernen Menschen tierische Instinkte wecken ließen. Und das Ergebnis dieser Bemühungen sind Beechers Pillen, die Campbell aus dem Blut von Vampirfledermäusen herstellte – kein Wunder, dass Beecher plötzlich Blackouts hat und Sheriff Donnelly (Kenneth Tobey) Leichen mit Bissspuren am Hals findet ...
Dafür, dass The Vampire nur ein Fünziger-Jahre-B-Movie unter vielen ist, gehen die Meinungen über diesen Film erstaunlich weit auseinander. Fangoria erklärte ihn zu einem der besten Horrorfilme der fünfziger Jahre. Halliwell’s Film Guide sah dagegen einen »dummen Versuch« darin, den Vampirmythos mit den Mitteln der Science Fiction zu erklären.
Ich würde nun nicht behaupten, dass The Vampire ein guter Film ist. Dazu enthalten die Dialoge zu viel langwieriges pseudowissenschaftliches Gerede. Und die Maske, die John Beal in den Vampirszenen trägt, sieht eher wie eine Fango-Schlammpackung als wie ein Filmaccessoire aus. Man merkt dem Streifen einfach an, dass er innerhalb weniger Wochen entstanden ist.
Und doch ist The Vampire ein ungewöhnliches Werk. Bis dahin war der Vampirmythos in den USA vor allem mit den ikonischen Filmmonstern von Universal Pictures verbunden. Aber Universal selbst hatte seine Figuren für allerlei Blödeleien missbraucht und so dafür gesorgt, dass niemand sie mehr ernst nehmen konnte.
Das Team hinter Paul Landres fragte sich ganz einfach, wie ein zeitgemäßer Vampirfilm der fünfziger Jahre aussehen konnte, und kam auf die naheliegende Antwort: Die Menschen der Nachkriegszeit hatten allen Grund, gegenüber Laboratorien skeptisch zu sein, denn aus ihnen kamen Massenvernichtungswaffen und bewusstseinsverändernde Drogen. Es war die Zeit nicht nur der Atombombentests, sondern auch von CIA-Programmen wie MKUltra, bei dem einer großen Menge (oft unfreiwilliger) Proband:innen LSD verabreicht wurde, um zu erforschen, ob Gehirnwäsche möglich ist.
Folgerichtig war im Horrorkino der Fünfziger (neben der durch nukleare Strahlung mutierten Bestie) der mad scientist die Angstfigur par excellence. Und anders als der alte Victor Frankenstein wollen diese Wissenschaftler nicht Leben schaffen, sondern Leben vernichten. The Vampire spielt dieses Thema konsequent aus, indem sie den Vampir als unwissendes Opfer eines skrupellosen Experiments darstellt. Passend dazu verzichtet der Film nahezu komplett auf gothische Elemente.
Das Pech dieses Films war, dass zur gleichen Zeit Terence Fisher und Hammer Film Productions mit einer ganz anderen Idee aufwarteten: klassische Horrorstoffe in leuchtenden Farben zu fotografieren. In Fishers Filmen wie The Curse of Frankenstein (1957) und Dracula (1958) kehrte der Gothic Horror mit Macht zurück. Landres’ immerhin beachtlicher Versuch, dem Vampirmythos eine neue Richtung zu geben, geriet dagegen in Vergessenheit.
Der VAMPYR: Dr. Paul Beecher.
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