Donnerstag, 20. September 2012

Herbert Rosendorfer (1934–2012)

Soeben lese ich vom Tod des Südtiroler Autors Herbert Rosendorfer. Was für eine traurige Nachricht. Rosendorfer war ein großartiger Satiriker. Während die meisten Menschen den Zeitreiseroman Briefe in die chinesische Vergangenheit mit seinem Namen verbinden dürften (der im Übrigen auch mein erster Zugang zu Rosendorfers Werk war), ist es vor allem seine Deutsche Suite, über deren Seiten ich oft Tränen gelacht habe. Der 1972 erschienene Roman ist eine Alternativweltgeschichte, in der das bayrische Königshaus sich durch das Revolutionsjahr 1918 rettet, ein Gorilla zum Oberbürgermeister von München wird und Adenauer mit dem Gedanken spielt, das Heilige Römische Reich wiederzubegründen (mit sich selbst als Kaiser Konrad, versteht sich). Doch bietet der Roman nicht nur absurde Komik, sondern an vielen Stellen treffenden politischen Kommentar – indem er etwa früh und hellsichtig bemerkt, dass es Antisemitismus und Volkstümelei auch in der Linken gibt.

Rosendorfer hat mir Leseerlebnisse beschert, die ich nie vergessen werde. Sympathisch war er mir auch deshalb, weil er die Ironie und das Groteske viel zu sehr liebte, um im deutschen Literaturkanon je etwas anderes als eine Randexistenz führen zu dürfen. Herbert Rosendorfer ist im Alter von 78 Jahren im Krankenhaus in Bozen gestorben.

2 Kommentare:

mistkaeferl hat gesagt…

Einer von den Autoren, mit denen ich trotz des damaligen nicht-umreissen-Könnens der Leistung schon immer gut klargekommen bin. "Deutsche Suite" habe ich viel, viel zu früh gelesen ... und trotzdem sehr genossen. Vielleicht ist es mal Zeit, das wieder hervorzukramen.
RIP.

Rodolfo Mangosta Peferbaum hat gesagt…

Ich glaube, Deutsche Suite gehört bei mir zu den Büchern, die ich so oft gelesen habe, dass es einen weiteren Durchgang nicht mal braucht. Aber ich habe auch noch eine Menge ungelesene Sachen von Rosendorfer im Regal stehen, vielleicht wären die jetzt mal dran ...

Foto-Disclaimer

Das Foto im Blog-Header wurde freundlicherweise von Sandra Rugina zur Verfügung gestellt. Es zeigt den Bâlea-See in den rumänischen Karpaten. Alle Rechte liegen bei der Autorin.