Freitag, 29. Juli 2011
Große Freude
Die argentinische Autorin Angélica Gorodischer erhält – neben Peter S. Beagle – den World Fantasy Award für ihr Lebenswerk. Das finde ich insbesondere ob der Tatsache, dass Gorodischers Werk nur zu Bruchteilen ins Deutsche und Englische übersetzt wurde, sehr erfreulich. Ausschlaggebend für die Würdigung wird Ursula K. Le Guins Übersetzung von Gorodischers Roman Kalpa Imperial gewesen sein. Eine Auseinandersetzung mit Gorodischers Gesamtwerk steht außerhalb Argentiniens – auch bei mir – leider noch aus. Schön wäre es, wenn die Preisverleihung dies ändern würde.
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Mittwoch, 27. Juli 2011
Die Luftspiegelung
Uuui. Matt Ruff hat eine Ankündigung seines neuen Romans The Mirage in die News-Section seiner Homepage gestellt. Das Ding kommt – im englischsprachigen Original – im Februar 2012. Und die Story scheint auf geradezu unheimliche Weise zu den traurigen Ereignissen in Norwegen* zu passen:
* Traurig, nicht tragisch. Tragisch wären die Anschläge vielleicht, wenn sie unvorhersehbar gewesen wären. Das gesellschaftliche Klima, das derzeit in Europa herrscht, hat diese Art von politischem Verbrechen m.E. aber außerordentlich begünstigt.
November 9, 2001: Christian fundamentalists hijack four jetliners. They fly two into the Tigris & Euphrates World Trade Towers in Baghdad, and a third into the Arab Defense Ministry in Riyadh. The fourth plane, believed to be bound for Mecca, is brought down by its passengers in the desert.In der Molochronik gibt es eine deutsche Übersetzung des Blurbs. Fertig ist der Roman seit Juli, gerade gibt es letzte Korrekturdurchgänge, wie Ruff in seinem Blog vermeldet.
The United Arab States declares a War on Terror. A Coalition of Arabian and Persian troops invades the Eastern Seaboard and establishes a Green Zone in Washington, D.C....
Now, several years later, the war in America is winding down. In Iraq, an Arab Homeland Security agent named Mustafa al Baghdadi interrogates a captured suicide bomber. The prisoner claims that the world they are living in is a mirage—in the real world, America is a superpower, and the Arab states are just a collection of “backward third-world countries.” A search of the bomber’s apartment turns up a copy of the New York Times, dated September 12, 2001, that appears to support his claim.
This isn’t an isolated incident. Other captured terrorists have been telling the same story, and other “artifacts” have been found. The president wants answers, but Mustafa and his team soon discover there are other interested parties. The gangster Saddam Hussein is conducting his own investigation. And the head of the Senate Intelligence Committee—a war hero named Osama bin Laden—will stop at nothing to hide the truth about the mirage.
* Traurig, nicht tragisch. Tragisch wären die Anschläge vielleicht, wenn sie unvorhersehbar gewesen wären. Das gesellschaftliche Klima, das derzeit in Europa herrscht, hat diese Art von politischem Verbrechen m.E. aber außerordentlich begünstigt.
Freitag, 22. Juli 2011
American Gods, die Fernsehserie und so weiter
Hier nun auch die handlich zusammengestellten Infos zur geplanten American-Gods-Fernsehserie von HBO, und was es in dem Zusammenhang sonst noch zu sagen gibt.
Neil Gaiman arbeitet gemeinsam mit HBO an einer Serie, die auf der sogenannten ›Götterwelt‹ des britischen Autors basiert, die wir aus bislang zwei Romanen (American Gods und Anansi Boys) und einer Novelle (»The Monarch of the Glen«) kennen. Die Serie soll Gaimans Vorstellungen zufolge den Zuschauer_innen die Möglichkeit bieten, die Götterwelt auf vertiefte Weise zu erkunden. Die erste Staffel wird demgemäß die Handlung von American Gods abdecken, heißt es, jedoch mit einigen Überraschungen auch für diejenigen, die den Roman bereits kennen. HBO erhofft sich von der Serie anscheinend, nach dem Erfolg von True Blood und Game of Thrones fantasymäßig am Ball bleiben zu können.
Zudem plant Gaiman, ein Sequel zu American Gods zu veröffentlichen. Darin soll ein Aspekt der Götterwelt beleuchtet werden, der bislang unterbelichtet blieb: Erblickt man die Dinge im ersten Band vor allem aus der Perspektive der abgehalfterten alten, immigrierten Gottheiten, soll es in der Fortsetzung verstärkt um den neuen, technologischen Pantheon gehen, der Nordamerika beherrscht und den traditionellen Gottheiten den Rang abläuft. Bekannt gegeben hat der Autor bereits, dass ein Social-Network-Gott darin auftauchen wird.* Außerdem will Gaiman erzählen, wie es Shadow nach den Ereignissen in American Gods ergeht. Anderes Setting, gleicher Protagonist – da ist nicht schwer zu erraten, dass Gaiman dieses Sequel mit Blick auf mögliche weitere Staffeln der Fernsehserie schreibt. Für Anansi Boys ist eine separate Mini-Serie angedacht. Wir erinnern uns: Anansi Boys wurde (vor American Gods) als erster Roman der Götterwelt geschrieben, aber als zweiter veröffentlicht und ist als Prequel anzusehen. Alle Klarheiten beseitigt?
Zu der Frage, ob der Stoff der Novelle »The Monarch of the Glen« in irgendeiner Form in die Serie eingehen soll, habe ich keine Informationen gefunden. Die Novelle wurde von Gaiman für die Anthologie Legends II verfasst, schließt zeitlich an American Gods an und hat wiederum Shadow zum Protagonisten.
Geplant ist außerdem eine Jubiläumsedition von American Gods, welche mit umfangreicheren Kapiteln, Essays und Interviews um ca. 10.000 Wörter länger sein soll als die 2001 erschienene Fassung. Ich persönlich, als Fernsehserienverächter, finde diese Neuauflage und das Sequel ja weitaus interessantere Aussichten als die HBO-Produktion. Wer es anders sieht und über die TV-Serie diskutieren mag, kann dies z.B. hier tun.
* In American Gods spielen am Rande ja bereits die Göttinnen und Götter der Eisenbahn, der Automobilindustrie, des Fernsehens und der New Economy eine Rolle.
Neil Gaiman arbeitet gemeinsam mit HBO an einer Serie, die auf der sogenannten ›Götterwelt‹ des britischen Autors basiert, die wir aus bislang zwei Romanen (American Gods und Anansi Boys) und einer Novelle (»The Monarch of the Glen«) kennen. Die Serie soll Gaimans Vorstellungen zufolge den Zuschauer_innen die Möglichkeit bieten, die Götterwelt auf vertiefte Weise zu erkunden. Die erste Staffel wird demgemäß die Handlung von American Gods abdecken, heißt es, jedoch mit einigen Überraschungen auch für diejenigen, die den Roman bereits kennen. HBO erhofft sich von der Serie anscheinend, nach dem Erfolg von True Blood und Game of Thrones fantasymäßig am Ball bleiben zu können.
Zudem plant Gaiman, ein Sequel zu American Gods zu veröffentlichen. Darin soll ein Aspekt der Götterwelt beleuchtet werden, der bislang unterbelichtet blieb: Erblickt man die Dinge im ersten Band vor allem aus der Perspektive der abgehalfterten alten, immigrierten Gottheiten, soll es in der Fortsetzung verstärkt um den neuen, technologischen Pantheon gehen, der Nordamerika beherrscht und den traditionellen Gottheiten den Rang abläuft. Bekannt gegeben hat der Autor bereits, dass ein Social-Network-Gott darin auftauchen wird.* Außerdem will Gaiman erzählen, wie es Shadow nach den Ereignissen in American Gods ergeht. Anderes Setting, gleicher Protagonist – da ist nicht schwer zu erraten, dass Gaiman dieses Sequel mit Blick auf mögliche weitere Staffeln der Fernsehserie schreibt. Für Anansi Boys ist eine separate Mini-Serie angedacht. Wir erinnern uns: Anansi Boys wurde (vor American Gods) als erster Roman der Götterwelt geschrieben, aber als zweiter veröffentlicht und ist als Prequel anzusehen. Alle Klarheiten beseitigt?
Zu der Frage, ob der Stoff der Novelle »The Monarch of the Glen« in irgendeiner Form in die Serie eingehen soll, habe ich keine Informationen gefunden. Die Novelle wurde von Gaiman für die Anthologie Legends II verfasst, schließt zeitlich an American Gods an und hat wiederum Shadow zum Protagonisten.
Geplant ist außerdem eine Jubiläumsedition von American Gods, welche mit umfangreicheren Kapiteln, Essays und Interviews um ca. 10.000 Wörter länger sein soll als die 2001 erschienene Fassung. Ich persönlich, als Fernsehserienverächter, finde diese Neuauflage und das Sequel ja weitaus interessantere Aussichten als die HBO-Produktion. Wer es anders sieht und über die TV-Serie diskutieren mag, kann dies z.B. hier tun.
* In American Gods spielen am Rande ja bereits die Göttinnen und Götter der Eisenbahn, der Automobilindustrie, des Fernsehens und der New Economy eine Rolle.
Mittwoch, 20. Juli 2011
The Dark Tower VIII
Steht zwar schon seit März auf Stephen Kings Website, aber ich dachte, ich fasse mal ein paar Informationen auf handliche Weise zusammen:
Im Frühjahr 2012 soll ein achter Dark-Tower-Band erscheinen. Der Titel lautet The Wind Through the Keyhole. Bei Donald M. Grant ist zunächst eine limitierte Auflage mit Illustrationen von Jae Lee* angekündigt (und noch einiges mehr an limitiertem Schnickschnack). Die Ausgabe für Normalsterbliche soll Anfang April 2012 bei Scribner erscheinen.
Die ursprüngliche Idee (so der Stand im März 2009) war anscheinend eine Kurzgeschichte oder eine Reihe miteinander verbundener Kurzgeschichten, die sich schließlich zu einem Roman auswuchsen. Sprach King zunächst (im November 2009) davon, der neue Band sei eher lose mit der Handlung von The Dark Tower verknüpft – Roland und Cuthbert sollten einen Werwolf jagen –, ist nun der letzte Stand, dass es sich um einen Tie-in zwischen Wizard and Glass und Wolves of the Calla handeln soll. Einzelheiten zur Story entnimmt man am besten der Ankündigung auf Kings Seite.
Ich bin mir nicht ganz sicher, was ich davon halten soll. Die ersten vier Dark-Tower-Bände gehören in meinen Augen zu den schon klassischen epischen Fantasies; kreativer wurde selten mit den von Tolkien gesetzten Standards umgegangen. Die drei folgenden Bände, die King nach seinem tragischen Autounfall im Jahre 1999 verfasste, stellen für mich (wie für viele andere) dagegen einen krassen Absturz dar. Stellt sich also die berechtigte Frage, ob The Wind Through the Keyhole nur einen Versuch darstellt, die Kuh erneut zu melken, und die ebenso wirren wie uninspirierten mythopoietischen Ausführungen der letzten Bände fortsetzt. Irgendwie hörte sich die ursprüngliche Plot-Idee aus dem November ’09 ja vielversprechender an: Eine Geschichte, die ähnlich detailverliebt in die Welt Roland Deschains eintaucht wie Wizard and Glass hätte ich mir durchaus gefallen lassen.
* Jae Lee hat die ersten drei Bände des sehr gelungenen Dark-Tower-Comics gezeichnet.
Im Frühjahr 2012 soll ein achter Dark-Tower-Band erscheinen. Der Titel lautet The Wind Through the Keyhole. Bei Donald M. Grant ist zunächst eine limitierte Auflage mit Illustrationen von Jae Lee* angekündigt (und noch einiges mehr an limitiertem Schnickschnack). Die Ausgabe für Normalsterbliche soll Anfang April 2012 bei Scribner erscheinen.
Die ursprüngliche Idee (so der Stand im März 2009) war anscheinend eine Kurzgeschichte oder eine Reihe miteinander verbundener Kurzgeschichten, die sich schließlich zu einem Roman auswuchsen. Sprach King zunächst (im November 2009) davon, der neue Band sei eher lose mit der Handlung von The Dark Tower verknüpft – Roland und Cuthbert sollten einen Werwolf jagen –, ist nun der letzte Stand, dass es sich um einen Tie-in zwischen Wizard and Glass und Wolves of the Calla handeln soll. Einzelheiten zur Story entnimmt man am besten der Ankündigung auf Kings Seite.
Ich bin mir nicht ganz sicher, was ich davon halten soll. Die ersten vier Dark-Tower-Bände gehören in meinen Augen zu den schon klassischen epischen Fantasies; kreativer wurde selten mit den von Tolkien gesetzten Standards umgegangen. Die drei folgenden Bände, die King nach seinem tragischen Autounfall im Jahre 1999 verfasste, stellen für mich (wie für viele andere) dagegen einen krassen Absturz dar. Stellt sich also die berechtigte Frage, ob The Wind Through the Keyhole nur einen Versuch darstellt, die Kuh erneut zu melken, und die ebenso wirren wie uninspirierten mythopoietischen Ausführungen der letzten Bände fortsetzt. Irgendwie hörte sich die ursprüngliche Plot-Idee aus dem November ’09 ja vielversprechender an: Eine Geschichte, die ähnlich detailverliebt in die Welt Roland Deschains eintaucht wie Wizard and Glass hätte ich mir durchaus gefallen lassen.
* Jae Lee hat die ersten drei Bände des sehr gelungenen Dark-Tower-Comics gezeichnet.
Donnerstag, 14. Juli 2011
Dunk & Egg in einem Band
George R.R. Martin hat in einem Interview angekündigt, seine Westeros-Novellen über Dunk & Egg – drei davon geschrieben, eine geplant – in einem Band zu veröffentlichen:
I just signed a contract with Bantam to do a collection of my Dunk & Egg novellas, which take place in Westeros a hundred years before. We’re going to do a collection of the first four of those (three of which are already written). The fourth one I have yet to write, and that one will appear in the anthology “Dangerous Women,” which I’m editing with Gardner Dozois. And then after “Dangerous Women” it will be reprinted in this collection. And there will be more Dunk & Eggs. Four does not tell the entire story. I want to take these two characters through their entire lives and that will probably require, I don’t know, eight, nine, ten, twelve novellas.Da die Bedeutung der Geschichten um Ser Duncan und seinen Knappen für die Handlung von A Song of Ice and Fire immer offenkundiger wird, dürfte das eine spannende Angelegenheit werden – vor allem, wenn tatsächlich weitere Bände erscheinen und es am Ende ganze 8–12 Novellen werden. Da die vierte, noch ungeschriebene Geschichte zunächst in einer Anthologie erscheinen soll, kann es mit dem Novellenband allerdings noch ein Weilchen dauern. Spürsinnige Vermutungen über Erscheinungsdaten werden in The Wertzone angestellt. Dabei eröffnet sich natürlich die interessante Frage, welche Rückschlüsse auf ein mögliches Erscheinungsdatum von The Winds of Winter, dem sechsten ASoIaF-Band, dies zulässt.
Dienstag, 12. Juli 2011
Die Ordenskrieger von Goldberg
Der Mittelband einer Trilogie hat immer eine etwas undankbare Position. Warum das so ist, darüber lässt sich sicherlich streiten – meine Vermutung geht dahin, dass Mittelbände sich weniger stark ins Leser_innengedächtnis einprägen, weil sie in der Regel keinen richtigen Anfang und kein richtiges Ende haben. Zu schwer wiegt der prägende Leseeindruck der ersten Bände und die Hoffnung aufs große Finale in den letzten Bänden. Dazwischen dümpelt so mancher Plot eher behäbig vor sich hin. Wie sieht es im Falle der Ordenskrieger von Goldberg aus, dem zweiten Band der Zerrissenen Reiche?
Zum Stichwort Trilogie sei darauf hingewiesen, dass Die Zerrissenen Reiche zwar als vielbändige Reihe konzipiert ist, die drei bislang erschienenen Bände jedoch so etwas wie eine erste Staffel innerhalb des Gesamtzyklus’ bilden. So erläutert Autor Thomas Plischke es im Nachwort des dritten Bandes, und es scheint dem Gefühl, das ich bei der Lektüre der Ordenskrieger von Goldberg hatte, recht zu geben. Und daher muss ich gleich zu Anfang loswerden, dass ich das Mittelbandproblem hier auf pfiffige Weise gelöst sehe: Spielte der erste Band Die Zwerge von Amboss im nördlichen Zwergenbund, ist nunmehr das Gros der Handlung verlegt auf den weiter südlich gelegenen, von Sektenstreitigkeiten und Religionskriegen schwer mitgenommenen Kontinent, der von den Menschen dominiert wird. Die Leser_innen erfahren also jede Menge Neues über die Welt der Zerrissenen Reiche, der Fokus der Handlung weitet sich. Zugleich nähert sich der Zyklus stärker an klassische Fantasy-Motive an, als dies noch im ersten Band der Fall war: In Die Ordenskrieger von Goldberg werden Schlachten geschlagen, Festungen belagert und Seiten gewechselt. Man hat somit nicht den Eindruck, als ob dieser Roman lediglich die Brücke zum großen Finale schlagen sollte; er ist vielmehr durchaus eigenständig.
Die Handlung schreitet vor allem in drei Strängen voran: Zunächst dürfen die Leser_innen mitverfolgen, wie die Invasionsarmee der Zwerge in den Reichen der Menschen einfällt, vorgeblich um gegen anti-zwergische terroristische Aggressionen vorzugehen. Dem gewaltigen Truppenaufgebot angeschlossen haben sich der Ex-Monsterjäger Siris von Wolfenfurt und Himek Steinbrecher, der ungeliebte Sohn Garep Schmieds (welchletzteren wir als Hauptprotagonisten des ersten Bandes kennen). Wir erinnern uns, dass die beiden in Die Zwerge von Amboss auf verschiedenen Wegen in die politische Intrige verwickelt wurden, die den Krieg erst ausgelöst hat. Sich beim Barras zu melden, ist die einfachste Möglichkeit für sie, aus dem Zwergenbund zu fliehen, wo ihnen das Pflaster unter den Füßen zu heiß geworden ist. Und da die Armee menschliche Scouts (wie Siris) und zwergische Chirurgen (wie Himek) dringend braucht, werden nicht allzuviele Fragen gestellt. Nachdem die Invasionsarmee in den Zerissenen Reichen gelandet ist und sich unaufhaltsam auf die Menschenfestung Goldberg zuwälzt, bleiben die Verwicklungen allerdings nicht aus, denn die Herrin des kriegerischen Ordens, der Goldberg verteidigt, ist Siris’ ehemalige Geliebte.
Dann haben wir den Hauptprotagonisten des ersten Bandes, den verkrachten Schnüffler Garep Schmied. Gemeinsam mit seiner Geliebten, Siris’ Schwester Sira, versucht er per Schiff aus den zwergischen Landen zu entkommen, wo er im Zuge bellizistischer Ränkespiele in die Rolle des Staatsfeinds gedrängt worden ist. Die wechselhafte und gefährliche Flucht bedeutet für Garep vor allem einen Kulturschock nach dem anderen. Und als Sira und Garep schiffbrüchig auf einer Insel stranden, machen sie unangenehm nahe Bekanntschaft mit den technologischen Hinterlassenschaften der sogenannten Herren, also jener Wesen, die von den Menschen der Zerrissenen Reiche als Gottheiten verehrt werden.
Und schließlich ist da noch Karu Schneider, die als Polizeianwärterin tiefer in die Intrigen des ersten Bandes verwickelt wurde, als ihr lieb ist. Stand ihre Rolle in Die Zwerge von Amboss noch nicht sonderlich im Vordergrund, so erfüllt sich nichtsdestotrotz in Die Ordenskrieger von Goldberg, was sich gegen Ende des ersten Bandes bereits abzeichnete: Karu wird zu einem der wichtigsten und nuanciertesten Charaktere. Ihr Handlungsstrang, in dem Karu die Bekanntschaft eines regimekritischen Studenten macht, spielt weiterhin im Zwergenbund.
Wer sich den Wechsel von der industrialisierten Zwergengesellschaft in die pseudomittelalterlichen Menschenreiche nun abrupt und schwierig vorstellt, kann ganz beruhigt sein. Das Problem vieler epischer Fantasies und historischer Romane ist ja, dass sie ihren Leser_innen aus Identifikationsgründen einen eher modern denken Protagonisten oder eine ebensolche Protagonistin anbieten, was vor der archaisierenden Romankulisse dann häufig ziemlich unglaubwürdig wirkt. Thomas Plischke verfügt durch den Weltenbau der Zerrissenen Reiche über den Vorteil, dass er seine stockrationalistischen, von ihrer zivilisatorischen Überlegenheit überzeugten Zwerg_innen auf eine von Götterkult, (scheinbarer?) Magie und kriegerischem Ethos geprägte Menschenkultur treffen lassen kann. Wir lernen also eine typische Fantasywelt, die von recht archaisch erscheinenden Menschen bewohnt wird, gewissermaßen durch die Augen von Zwergen kennen, die uns in vielerlei Hinsicht ähnlich sind. Sehr interessant!
Das Erzähltempo zieht im Vergleich zum Vorgängerband an; zugleich vertieft sich die Handlung um einige neue Elemente. Insbesondere im dritten, im Zwergenbund verbleibenden Handlungsstrang zeichnen sich die Umrisse einer großen Geschichte ab. Als etwas problematisch habe ich empfunden, dass vieles, was im ersten Band mysteriös blieb, auch in Die Ordenskrieger von Goldberg nicht aufgelöst wird und sogar noch einige Rätsel und offene Enden hinzukommen. Das betrifft insbesondere Sira, die bereits in Die Zwerge von Amboss als Waffenschmugglerin-in-der-sich-mehr-verbirgt auftrat, und einen weiteren, mit Siras Geschichte zusammenhängenden Charakter.
Sprachlich meine ich einige Schnitzer wahrgenommen zu haben, wie sie mir so im ersten Band nicht aufgefallen sind. Es handelt sich dabei aber lediglich um einige Redewendungen, bei denen nicht ganz das richtige Bild getroffen wurde. Mich hat es nicht weiter gestört. Die Zerrissenen Reiche ist nicht zuletzt auch ein Versuch in blumiger, einfallsreicher Sprache, der sich stark abhebt von dem pseudo-archaisierenden Ton, wie er in manchen deutschsprachigen Fantasies angeschlagen wird. Da finde ich es nicht so schlimm, wenn nicht jeder Ausdruck hundertprozentig präzise ist.
Vom dritten Band, Die Halblinge des Ewigen Hains, erwarte ich mir nach der Lektüre der Ordenskrieger von Goldberg, dass einige Plot-Elemente zusammengeführt und zum Abschluss gebracht werden. Die an verschiedenen Fronten aufgebaute Spannung müsste zumindest ein Stück weit aufgelöst werden, um den Bogen nicht zu überspannen. Das würde mir, der ich in Sachen ungelöste Rätsel & subtile Hinweise nicht immer das beste Gedächtnis bzw. den feinsten Spürsinn habe, das Lesen erheblich erleichtern.
Die Ordenskrieger von Goldberg (393 Seiten) von Thomas Plischke ist 2009 bei Piper erschienen.
Zum Stichwort Trilogie sei darauf hingewiesen, dass Die Zerrissenen Reiche zwar als vielbändige Reihe konzipiert ist, die drei bislang erschienenen Bände jedoch so etwas wie eine erste Staffel innerhalb des Gesamtzyklus’ bilden. So erläutert Autor Thomas Plischke es im Nachwort des dritten Bandes, und es scheint dem Gefühl, das ich bei der Lektüre der Ordenskrieger von Goldberg hatte, recht zu geben. Und daher muss ich gleich zu Anfang loswerden, dass ich das Mittelbandproblem hier auf pfiffige Weise gelöst sehe: Spielte der erste Band Die Zwerge von Amboss im nördlichen Zwergenbund, ist nunmehr das Gros der Handlung verlegt auf den weiter südlich gelegenen, von Sektenstreitigkeiten und Religionskriegen schwer mitgenommenen Kontinent, der von den Menschen dominiert wird. Die Leser_innen erfahren also jede Menge Neues über die Welt der Zerrissenen Reiche, der Fokus der Handlung weitet sich. Zugleich nähert sich der Zyklus stärker an klassische Fantasy-Motive an, als dies noch im ersten Band der Fall war: In Die Ordenskrieger von Goldberg werden Schlachten geschlagen, Festungen belagert und Seiten gewechselt. Man hat somit nicht den Eindruck, als ob dieser Roman lediglich die Brücke zum großen Finale schlagen sollte; er ist vielmehr durchaus eigenständig.
Die Handlung schreitet vor allem in drei Strängen voran: Zunächst dürfen die Leser_innen mitverfolgen, wie die Invasionsarmee der Zwerge in den Reichen der Menschen einfällt, vorgeblich um gegen anti-zwergische terroristische Aggressionen vorzugehen. Dem gewaltigen Truppenaufgebot angeschlossen haben sich der Ex-Monsterjäger Siris von Wolfenfurt und Himek Steinbrecher, der ungeliebte Sohn Garep Schmieds (welchletzteren wir als Hauptprotagonisten des ersten Bandes kennen). Wir erinnern uns, dass die beiden in Die Zwerge von Amboss auf verschiedenen Wegen in die politische Intrige verwickelt wurden, die den Krieg erst ausgelöst hat. Sich beim Barras zu melden, ist die einfachste Möglichkeit für sie, aus dem Zwergenbund zu fliehen, wo ihnen das Pflaster unter den Füßen zu heiß geworden ist. Und da die Armee menschliche Scouts (wie Siris) und zwergische Chirurgen (wie Himek) dringend braucht, werden nicht allzuviele Fragen gestellt. Nachdem die Invasionsarmee in den Zerissenen Reichen gelandet ist und sich unaufhaltsam auf die Menschenfestung Goldberg zuwälzt, bleiben die Verwicklungen allerdings nicht aus, denn die Herrin des kriegerischen Ordens, der Goldberg verteidigt, ist Siris’ ehemalige Geliebte.
Dann haben wir den Hauptprotagonisten des ersten Bandes, den verkrachten Schnüffler Garep Schmied. Gemeinsam mit seiner Geliebten, Siris’ Schwester Sira, versucht er per Schiff aus den zwergischen Landen zu entkommen, wo er im Zuge bellizistischer Ränkespiele in die Rolle des Staatsfeinds gedrängt worden ist. Die wechselhafte und gefährliche Flucht bedeutet für Garep vor allem einen Kulturschock nach dem anderen. Und als Sira und Garep schiffbrüchig auf einer Insel stranden, machen sie unangenehm nahe Bekanntschaft mit den technologischen Hinterlassenschaften der sogenannten Herren, also jener Wesen, die von den Menschen der Zerrissenen Reiche als Gottheiten verehrt werden.
Und schließlich ist da noch Karu Schneider, die als Polizeianwärterin tiefer in die Intrigen des ersten Bandes verwickelt wurde, als ihr lieb ist. Stand ihre Rolle in Die Zwerge von Amboss noch nicht sonderlich im Vordergrund, so erfüllt sich nichtsdestotrotz in Die Ordenskrieger von Goldberg, was sich gegen Ende des ersten Bandes bereits abzeichnete: Karu wird zu einem der wichtigsten und nuanciertesten Charaktere. Ihr Handlungsstrang, in dem Karu die Bekanntschaft eines regimekritischen Studenten macht, spielt weiterhin im Zwergenbund.
Wer sich den Wechsel von der industrialisierten Zwergengesellschaft in die pseudomittelalterlichen Menschenreiche nun abrupt und schwierig vorstellt, kann ganz beruhigt sein. Das Problem vieler epischer Fantasies und historischer Romane ist ja, dass sie ihren Leser_innen aus Identifikationsgründen einen eher modern denken Protagonisten oder eine ebensolche Protagonistin anbieten, was vor der archaisierenden Romankulisse dann häufig ziemlich unglaubwürdig wirkt. Thomas Plischke verfügt durch den Weltenbau der Zerrissenen Reiche über den Vorteil, dass er seine stockrationalistischen, von ihrer zivilisatorischen Überlegenheit überzeugten Zwerg_innen auf eine von Götterkult, (scheinbarer?) Magie und kriegerischem Ethos geprägte Menschenkultur treffen lassen kann. Wir lernen also eine typische Fantasywelt, die von recht archaisch erscheinenden Menschen bewohnt wird, gewissermaßen durch die Augen von Zwergen kennen, die uns in vielerlei Hinsicht ähnlich sind. Sehr interessant!
Das Erzähltempo zieht im Vergleich zum Vorgängerband an; zugleich vertieft sich die Handlung um einige neue Elemente. Insbesondere im dritten, im Zwergenbund verbleibenden Handlungsstrang zeichnen sich die Umrisse einer großen Geschichte ab. Als etwas problematisch habe ich empfunden, dass vieles, was im ersten Band mysteriös blieb, auch in Die Ordenskrieger von Goldberg nicht aufgelöst wird und sogar noch einige Rätsel und offene Enden hinzukommen. Das betrifft insbesondere Sira, die bereits in Die Zwerge von Amboss als Waffenschmugglerin-in-der-sich-mehr-verbirgt auftrat, und einen weiteren, mit Siras Geschichte zusammenhängenden Charakter.
Sprachlich meine ich einige Schnitzer wahrgenommen zu haben, wie sie mir so im ersten Band nicht aufgefallen sind. Es handelt sich dabei aber lediglich um einige Redewendungen, bei denen nicht ganz das richtige Bild getroffen wurde. Mich hat es nicht weiter gestört. Die Zerrissenen Reiche ist nicht zuletzt auch ein Versuch in blumiger, einfallsreicher Sprache, der sich stark abhebt von dem pseudo-archaisierenden Ton, wie er in manchen deutschsprachigen Fantasies angeschlagen wird. Da finde ich es nicht so schlimm, wenn nicht jeder Ausdruck hundertprozentig präzise ist.
Vom dritten Band, Die Halblinge des Ewigen Hains, erwarte ich mir nach der Lektüre der Ordenskrieger von Goldberg, dass einige Plot-Elemente zusammengeführt und zum Abschluss gebracht werden. Die an verschiedenen Fronten aufgebaute Spannung müsste zumindest ein Stück weit aufgelöst werden, um den Bogen nicht zu überspannen. Das würde mir, der ich in Sachen ungelöste Rätsel & subtile Hinweise nicht immer das beste Gedächtnis bzw. den feinsten Spürsinn habe, das Lesen erheblich erleichtern.
Die Ordenskrieger von Goldberg (393 Seiten) von Thomas Plischke ist 2009 bei Piper erschienen.
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Foto-Disclaimer
Das Foto im Blog-Header wurde freundlicherweise von Sandra Rugina zur Verfügung gestellt. Es zeigt den Bâlea-See in den rumänischen Karpaten. Alle Rechte liegen bei der Autorin.