Dienstag, 7. Juni 2016

Norvel Arlington Trump

Woah. Ich lese gerade den ersten Band von George R. R. Martins Traumliedern. Darin befindet sich die Erzählung »Tod war sein Vermächtnis«. Sie handelt von einem »amerikanischen Propheten«, Norvel Arlington Beauregard, der vom Privatjet aus Wahlkampf betreibt und »die Patrioten und die Superpatrioten, die Veteranen und die GIs, die Wütenden und die Ängstlichen« um sich versammelt. Ein Zitat aus einer Wahlkampfrede des Propheten:
»Ich bin für den kleinen Mann,« sagte er in New York City. »Ich unterstütze das Recht eines jeden Amerikaners, sein Haus an jeden zu vermieten oder seine Waren an jeden zu verkaufen, den er sich auswählt, ohne irgendeine Beeinflussung durch Bürokraten mit Aktentaschen oder eierköpfige Professoren, die in ihren Elfenbeintürmen sitzen und entscheiden, wie ihr und ich leben müssen.« Und die Menschen jubelten und jubelten, und sie schwenkten ihre Fahnen und gelobten Gefolgschaft und riefen: »Beauregard, Beauregard, Beauregard«, immer und immer wieder, bis die Arena vor Lärm bebte.
Auch das, was auf den Wahlkampfveranstaltungen im Publikum vor sich geht, wird eindrücklich beschrieben:
Und die Menschen jubelten und jubelten [...]. Ein langhaariger Gammler schrie »Nazi«, aber sein einsamer Ruf ging in dem tosenden Applaus unter. Abgesehen von zwei stämmigen Sicherheitsleuten am Ende der Halle, die ihn bemerkten, sich zunickten und schnell und ruhig begannen, sich durch die Menge zu bewegen.
Schließlich ist die Rhetorik der von ›The Norvel‹ Begeisterten exakt getroffen: »Ich bin kein Rassist, und Beauregard ist auch keiner, aber würdest du wollen, dass so jemand deine Schwester heiratet?«

Das Unheimliche an der Gegenwartsnähe dieser Geschichte? Sie wurde vor fast 40 Jahren geschrieben.

Foto-Disclaimer

Das Foto im Blog-Header wurde freundlicherweise von Sandra Rugina zur Verfügung gestellt. Es zeigt den Bâlea-See in den rumänischen Karpaten. Alle Rechte liegen bei der Autorin.