Samstag, 16. Februar 2013

Juan of the Dead

Alejandro Brugués’ kubanische Zombiekomödie Juan of the Dead versucht gar nicht erst, originell zu wirken. Das wäre angesichts der gegenwärtigen Schwemme von Zombiefilmen, -comics und anderen Medien mit taumelnden oder rennenden Untoten ohnehin ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen.* Brugués’ Film gibt deshalb lieber bereits im Titel seine Verwandtschaft mit Edgar Wrights und Simon Peggs Fast-schon-Klassiker Shaun of the Dead aus dem Jahre 2004 zu erkennen. Die Grundidee ist die gleiche: Die angreifenden Zombiehorden fallen nicht über ein US-amerikanisches Städtchen her, in dessen Nähe das Grüppchen der Überlebenden sich dann in einem Landhhaus, einer Shopping Mall, einer Militäranlage oder einem mit vergleichbarer kultureller Bedeutung versehenen Rückzugsort verschanzen kann, sondern sie werden bewusst in eine für das Genre untypische Umgebung versetzt. Doch während Shaun of the Dead ein mit britischem Humor versehener, ironisch aktualisierender Kommentar zur Genregeschichte ist, knüpft Brugués eher in der Tendenz an seine Vorbilder an – soll heißen, er versucht den Zombie als politische Metapher zu strapazieren.

Zur Story: Juan lebt in Havanna, wo er und seine Kumpels ihre Tage damit verbringen, Tourist_innen die Taschen zu leeren, Rum zu trinken, auf dem Meer zu fischen und möglichst wenig anstrengende Arbeit zu leisten. Die Kumpels, das sind Juans Tochter Camila (ihre Mutter lebt im Ausland), sein bester Freund Lázaro, dessen Sohn Vladi, die Transvestitin La China und ihr muskelbepackter Beschützer El Primo (der allerdings schon beim Anblick von Blut in Ohnmacht fällt). Als erste Zombies in den Straßen der Hauptstadt auftauchen, behauptet die kubanische Regierung, es handele sich bei den wandelnden Untoten um US-gesteuerte Dissident_innen. Für Juan ist die Zombie-Invasion dagegen eine willkommene Gelegenheit, ohne große Anstrengungen zu Geld zu kommen, indem er mit seiner Clique einen telefonisch anforderbaren Zombie-Abmurks-Service organisiert. Da sie sich dabei aber ziemlich dilettantisch anstellen, sind Juan, Lázaro & Co. bald Teil einer stetig schrumpfenden Minderheit von Überlebenden, während in Havanna die Hochhäuser einstürzen und die Straßen fast nur noch von Untoten bevölkert sind.

Das grundlegende Problem von Juan of the Dead ist, dass die Idee, Zombies als durch Regierungspropaganda gemachte Feindbilder zu zeichnen, nicht funktioniert bzw. zu inkonsequent umgesetzt wurde. Zombies sind hier (wie in den meisten Filmen) einfach nur dazu da, um massenhaft die Köpfe gespalten zu kriegen – da wir uns in der Karibik befinden, sind statt Golfschlägern und Rasenmähern in diesem Film Paddel und Macheten die Waffen der Wahl. An keiner Stelle wird deutlich, was die Figur des Zombies mit der des Dissidenten zu tun haben könnte, bzw. wie die beiden Bilder zu einer treffenden Metapher verknüpft werden könnten. Auf der anderen Seite wird auch nicht gesagt, dass es sich dabei einfach nur um eine plumpe, nicht weiter ernst zu nehmende Lüge der Regierung handelt. Diese Interpretation des Zombies-als-Dissidenten-Motivs scheint schon deshalb eher abwegig, weil Juan und seine Kumpels selber keine Ahnung haben, was es mit den Untoten auf sich haben könnte. Sie müssen sich erst von einem US-amerikanischen Pastor, der als Entwicklungshelfer auf der Karibikinsel arbeitet, erklären lassen, was Zombies sind. Diese Szene ist eine der wenigen, in denen es dem Film gelingt, wirklich sarkastisch zu sein: Schließlich sind Zombies in einem derartigen Ausmaß zu ikonenartigen Monstern der US-amerikanischen Kultur geworden, dass ihre ursprüngliche Herkunft aus der karibischen Mythologie kaum noch erkennbar ist. Die Zombies kommen in Juan of the Dead in einem ganz wörtlichen Sinne aus den USA: Eines der seltenen beeindruckenden Bilder des Films zeigt ein Heer von Untoten, das auf dem Meeresgrund von Miami kommend gen Kuba wandelt. Auch hätte die Figur des Pastors die Möglichkeit geboten, die paternalistische Blauäugigkeit nordamerikanischer Entwicklungshelfer_innen zu karikieren. Die Erklärungsversungsversuche des Pastors sind nämlich eher gut gemeint als wirklich hilfreich, da er kein Wort Spanisch spricht. Der Figur wird letztlich jedoch zu wenig Screentime eingeräumt, um aus der Szene mehr als eine nebensächliche Episode unter vielen zu machen.

Von dieser einen, nicht wirklich entfalteten Ausnahme abgesehen, ist der Humor von Juan of the Dead durchgängig lahm bis geschmacklos. Immer dann, wenn der Plot gar nichts mehr herzugeben scheint, wird auf einen Running Gag zurückgegriffen: Lázaro bringt zwischen all den Zombies regelmäßig lebende Menschen um, mal versehentlich, mal auch nicht – letzteres vor allem dann, wenn das Opfer ihm Geld schuldet und nicht zahlungsfähig ist. Zudem bekommt man im Laufe des Films so ziemlich jeden trans- und homophoben Witz unter die Nase gerieben, so dass man nicht mal mehr den Kopf darüber schüttelt, sondern nur noch angeödet ist. Jeder Versuch, den Film anhand seiner sich (wie oben dargestellt) andeutenden Möglichkeiten zu retten, wäre spätestens an diesem penetranten Schulklo-Humor gescheitert.

* Hier liegt eine bemerkenswerte Konvergenz von Form und Inhalt vor: Nicht nur die Zombies selbst treten in Massen auf, sondern auch die sie darstellenden Medienerzeugnisse.

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Foto-Disclaimer

Das Foto im Blog-Header wurde freundlicherweise von Sandra Rugina zur Verfügung gestellt. Es zeigt den Bâlea-See in den rumänischen Karpaten. Alle Rechte liegen bei der Autorin.