Mittwoch, 30. Januar 2013

Fantastik-Spezial

Die aktuelle Ausgabe des Literaturmagazins Bücher (heute erschienen) wartet mit einem »Fantastik-Spezial« (jep, in dieser Schreibweise) auf. Interessanterweise deckt sich der Begriff von »Fantastik«, den die Bücher-Redaktion verwendet, fast durchgängig mit dem, was im deutschen Sprachraum gewöhnlich unter Fantasy verstanden wird. Eine bemerkenswerte Entwicklung, wenn man bedenkt, dass die deutschsprachige Literaturwissenschaft sich jahrzehntelang größte Mühe gegeben hat, eine Position zu besetzen, derzufolge Fantasy nichts und Science Fiction höchstens ein bisschen was mit phantastischer Literatur zu tun hat. Bücher interessiert sich allem Anschein nach wenig für die akademische Phantastikdefinitionsdebatte vergangener Jahre – den Geisteswissenschaftler_innen unter uns könnte das eine Idee von der Wirkmächtigkeit unserer Kategorien und Konzepte vermitteln. Mir gefällt die Art und Weise, wie Bücher von »Fantastik« redet, ja ganz gut, weil ich finde, dass der Phantastikbegriff damit wieder dort ankommt, wo er in meinen Augen hingehört: In jenem weiten Raum der Literatur, der im englischen Sprachgebrauch – ja, genau – gemeinhin als Fantasy bezeichnet wird und längst nicht nur die epische Fantasy der Post-Tolkien-Ära umfasst. Witzig ist die Sache auch deshalb, weil Bücher vor exakt vier Jahren ein (wie es damals noch hieß) »Fantasy-Special« brachte.*

Darüber hinaus bietet das Fantastik-Spezial für mich als Genrefan allerdings wenig Neues. Es gibt Feld-, Wald- und Wiesendefinitionen von Urban Fantasy und anderen Subgenres, dazu einige Bemerkungen zu als repräsentativ angesehen Titeln, Rezensionen und drei Interviews, von denen die mit Benjamin Lacombe und Zoran Drvenkar zu den interessantesten Inhalten zählen. Zielgruppe dürfte ein Mainstream-Publikum sein, das eher sporadisch zu Fantasy und verwandter Lektüre greift und dem  man beibringen möchte, dass es mehr gibt als nur Tolkien-Epigonen und Glitzervampire.

* Wobei ich nicht die Hand dafür ins Feuer legen würde, dass es sich damals tatsächlich noch um ein Special handelte und nicht wie heute um ein eingedeutschtes Spezial. Verbürgt ist aber, dass in der Ausgabe 2/2009 das Wort der Wahl Fantasy und nicht Fantastik war.

7 Kommentare:

JL hat gesagt…

Ich glaube, dass der Buchmarkt immer aufschnappt, was ihm als Buzzword gerade als opportun erscheint. "Science Fiction und Fantasy" wurde eine Zeitlang ja gern in einem Atemzug genannt, heute spielt Science Fiction auf dem deutschen Buchmarkt leider kaum noch eine Rolle, abgesehen von ein paar (Pseudo-)Dystopien, die aber auch eher der Fantasy zugeschlagen werden, also lohnt sich auch kein eigenes Regal dafür. Old-School "Phantastik" lief fast immer schon unter "Horror".

Ganz pragmatisch geht's wohl nur um die Frage, wo ziehe ich klare Genregrenzen, und wie nenne ich die dann. Ich für meinen Teil sehe immer noch deutliche Unterschiede zwischen den "großen Drei", d.h. SF, F und supernatural fiction/Phantastik/Horror (die letzte Kategorie ist wie man sieht traditionell am schwierigsten zu fassen). Aber nur eine davon verkauft sich gerade in nennenswertem Maße, von daher braucht man auf dem Markt wohl auch keine Namen für die anderen zwei.

Murilegus rex hat gesagt…

Klar, für den Buchmarkt steht hinter so etwas immer die Frage: Was verkauft sich unter welcher Bezeichnung gerade gut? Eingefleischte Genrefans reiben sich dann hat gern mal an dem Begriffswirrwarr, das dabei herauskommt (wurde mir vor kurzem wieder einmal deutlich, als Piper die SF als ein »Fantasty-Genre« bezeichnete und sich daraufhin im SF-Fan-Forum diese Diskussion entspann).

Was Genregrenzen angeht: Fantasy und Phantastik benutze ich tendenziell synonym, wie es im angloamerikanischen Sprachraum oft gehalten wird, da ich der Ansicht bin, dass Weird Fiction, »klassische« Phantastik, supernatural tale (oder wie auch immer man das nennen will) nicht streng von Fantasy im engeren Sinne zu trennen sind. Zwischen Fantasy und SF ist dagegen m.E. schon eine prinzipielle Unterscheidung möglich, allerdings bei vielen faktischen Überschneidungen. Der Begriff Horror ist für mich auf einer anderen Ebene angesiedelt. Horror bezeichnet eine ästhetische Wirkung und kann genremäßig sowohl Fantasy oder SF als auch einfach unheimliche realistische Literatur sein.

Anonym hat gesagt…

Danke für den Hinweis. Falls heute meine WIzards Edition in Ghiblis »Ni No Kuni« noch nicht da ist, schaffe ich es wahrscheinlich zum Bahnhof, um mir ein das ›Fantastik-Spezial‹ zu besorgen. — Leider wird auf der Website des ›Bücher‹-Magazins immer noch die Nummer 1/2013 beworben, und in der geht bilden historische Romane den Themenschwerpunkt. Schade, denn ich hätte gerne jetzt schon mal gern im Inhaltsverzeichnis gestöbert.

Ich freie mich besonders darauf, die Sub-Genre-Definitionen zu schnabbulieren.

molosovsky hat gesagt…

Ooops. Kommt davon, wenn man Java nicht aktiviert hat. Der vorherige Kommentar stammt von mir.

BTW: Mein lieber Schwan, sind die Capcha-Bildchen schwer geworden. Musste mich jetzt durch zehn verzerrte Worträtsel klicken, bis ich eines lösen konnte. — Stöhn!

molosovsky hat gesagt…

Zu doof. Dank zuerst deaktivierten Java ist der erste Kommentar nun verloren gegangen und meine Erklärung, dass der von mir stammt, somit wunderbar sinnfrei.

Kurz: ich Danke für den Hinweis auf die ›Fantastik-Spezial‹-Nummer, auch wenn deren Inhaltsverzeichnis leider noch nicht auf der ›Bücher‹-Website einzusehen ist, da man dort noch bei Ausgabe 1/2013 (›Historische Romane‹) ist. — Ganz besonders freue ich mich darauf, die SubGenre-Definitionen zu schnabbulieren.

Murilegus rex hat gesagt…

So, mit reichlich Verspätung: Molos erster Kommentar ist zwar von Blogger nicht veröffentlicht worden, seltsamerweise aber bei mir per Mail angekommen. Ich erlaube mir mal, den verlorenen Kommentar hier zu zitieren (kursiv), um den Gesprächsverlauf durchsichtig zu machen. ;-)

Danke für den Hinweis. Falls heute meine WIzards Edition in Ghiblis »Ni No Kuni« noch nicht da ist, schaffe ich es wahrscheinlich zum Bahnhof, um mir ein das ›Fantastik-Spezial‹ zu besorgen. — Leider wird auf der Website des ›Bücher‹-Magazins immer noch die Nummer 1/2013 beworben, und in der geht bilden historische Romane den Themenschwerpunkt. Schade, denn ich hätte gerne jetzt schon mal gern im Inhaltsverzeichnis gestöbert. Ich freie mich besonders darauf, die Sub-Genre-Definitionen zu schnabbulieren.

Mittlerweile ist übrigens die Bücher-Website aktualisiert worden, worauf auch ich gewartet habe, um am der Verlosung teilnehmen zu können. :-D

Eosphoros hat gesagt…

Als späte Wiedergutmachung habe ich mal den Verschwundenen Kommentar aus dem Spam-Ordner gefischt ;-)

Foto-Disclaimer

Das Foto im Blog-Header wurde freundlicherweise von Sandra Rugina zur Verfügung gestellt. Es zeigt den Bâlea-See in den rumänischen Karpaten. Alle Rechte liegen bei der Autorin.